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Donnerstag, 16. Juni 2022

Handscherkurs 2022 im Harz

Am 25./26.6.2022 gibt es einen Kurs zum Scheren mit der Handschere in Bad Sachsa im Harz.

 

Scheren mit der Handschere macht Spaß aber unabhängig davon gibt noch eine ganz Reihe von Gründen, warum man das als Schafhalter können sollte:
Der Scherer muss kurzfristig absagen und es findet sich kein Ersatz; einige Tiere müssen für die Körung bis zu einem gewissen Termin geschoren sein; man kauft ein ungeschorenes dazu, nachdem der Scherer da war; die Wolle muss aus gesundheitlichen Gründen runter; man möchte unabhängig sein, ...

 

Kursinhalte

Welche Scheren gibt es und welche ist für mich geeignet?


Wie organisiere ich mir die Schur unter meinen Bedingungen? Selbermachen bietet da einiges an Möglichkeiten, um das für sich selber und die Schafe "passend" zu machen.

Wann Scheren?

Und natürlich ausgiebig: WIE schere ich möglichst entspannt für Mensch und Schaf?


Dazu stehen uns nette Shetlandschafe zur Verfügung.

Und natürlich bekommt auch das Thema Wolle Raum! Was habe ich denn da runtergeschoren? Ist das Gartenwolle oder was für Handspinner oder -filzer? Sortieren, aufbewahren, wo und wie anbieten...


Kontakt über die Emailadresse im ersten Photo

 

Montag, 16. Mai 2022

Wann Schafe scheren - der Phänologische Schafkalender

Jahrelang... jedes Jahr wieder... habe ich im Internet Bilder gesehen von einer Skuddenzüchterin, die ihre Schafe mit der Handschere schert. Und jedes Mal dachte ich: Das ist doch vieeel zu früh! Das habe ich nicht nur gedacht sondern auch geschrieben und jedes Mal hat sie mir versichert, die ersten wären da schon so weit gewesen.

Zu früh scheren ist eine Qual! Wolle wächst nicht gleichmäßig sondern hat einen Jahreszyklus. Bei Wildschafen und Haarschafen beinhaltet der einen richtigen Fellwechsel. Bei modernen Rassen (modern in diesem Sinne: Rassen, die so ab dem Mittelalter entstanden sind) und bei alten, primitiven Rassen sieht man mehr oder weniger von diesem Fellwechsel. IN dem Wechsel bzw. ganz kurz davor schert es sich bei manchen Rassen wie durch eine Latexmatratze! Da ist viel Lanolin, Wollschweiß und einzelne Wollhaare, die sich gelöst haben und die Schicht nochmal fester machen.

Über dieser Schicht scheren - also ganz außerhalb des Zyklus - das geht. Machen ja viele, wenn sie die Schafe einstallen. Nur wenn das einmal begonnen hat, dann sollte man MIT der Natur arbeiten. Nicht zu früh!

Mit Claudia (der Skuddenzüchterin, die immer viel früher schert als ich), bin ich darauf gekommen, dass bei ihr alles früher ist. Also alles in der Natur. Alle Zeigerpflanzen, die im phänologischen Kalender die Jahreszeiten anzeigen. Die Zeigerpflanze für Schafschur ist demnach der Holunder! Ihre Schafe und meine sind schurbereit, wenn der Holunder blüht. Vier Wochen später bei mir (Ostsachsen) als bei ihr (Bochumer Ecke). Bei mir blüht da gerade mal der Flieder!


frisch geschoren Skudden unter blühendem Holunder (Bild Claudia Schulte)



Im phänologischen Kalender zeigt die Holunderblüte den Frühsommer an. (Flieder den Vollfrühling).

Viele Leute denken, Schafe würden im Frühjahr geschoren. (Und Frühjahr wäre, sobald die Sonne das erste mal rausguckt). Das stimmt nicht. 

Wir haben in den meisten Jahren in Deutschland eine meteorologische Singularität im Juni. Die Schafskälte. Die so heißt, weil da traditionell die Schafe geschoren wurden und dann in den kühlen Tagen gefroren haben. 

Ich habe für einen Zeitschriftenartikel mal die wissenschaftliche Literatur zum Thema durchsucht. Da gibt es einiges! Neuer und älter. Überwiegend aus Australien und Neuseeland, wo deutlich mehr wissenschaftliches Interesse an Schafen und Wolle besteht. (Bzw. wo mehr Geld dafür ausgegeben wird.) Die Messwerte waren in den verschiedenen Artikeln nicht gleich aber WANN im Jahr die höchsten und niedrigsten Werte erreicht wurden, war sehr ähnlich. 

Da Down Under ja auch die Jahreszeiten Kopf stehen und im September Frühling ist, habe ich mir das übersetzt in Frühjahrestagundnachtgleiche, Sommersonnenwende, usw. Daraus ist eine Graphik entstanden mit Jahreszeit auf der x-Achse und den Werten auf der y-Achse. Die unterschiedlichen Werte habe ich so normalisiert, dass ich Höchstwerte und niedrigste Werte jahreszeitlich einsortiert habe. Die y-Achse hat also keine Einheit und... öhm... ist deshalb ein bisschen "Pfusch"... aber anschaulich. Finde ich...

Wollwechsel im Jahreslauf

 

Dargestellt habe ich den Durchmesser der Wolle und das Längenwachstum. Die Schafe in den Publikationen waren Merinos, Romneys und Wiltshire Horn. Mit Wiltshire Horn (die ihre Wolle selber abwerfen) gab es nur eine Publikation.

Bei allen wird der Faserdurchmesser ab einem Zeitpunkt zwischen Frühjahrestagundnachtgleiche und Sommersonnenwende dünner. (Die Schwankung im  Faserdurchmesser ist laut einer Publikation 70-75% - beim Merino!) Am dünnsten ist er dann zur Herbsttagundnachtgleiche. Ab da muss das Fell gewechselt sein und es wird Zeit, sich einen Winterpelz zuzulegen. Faserdurchmesser und vor allem das Längenwachstum legen jetzt richtig los!

Es ist allerdings nicht nur die Tageslänge, die den Fellwechsel beeinflusst. Direkt verantwortlich ist das Hormon Prolaktin und das wird AUCH von der Tageslänge beeinflusst. Aber zum Beispiel auch durch eine Trächtigkeit. Auch Futter oder eine Änderung im Futter kann eine Rolle spielen (Weideaustrieb) und eben auch "Kleinklima" wie bei den Zeigerpflanzen.

Was das Scheren zur falschen Zeit so schwer macht, ist vor allem die "Abschwitzkante". Die Bildung von viel Lanolin und Wollschweiß wird zu der Zeit des natürlichen Fellwechsels ordentlich angekurbelt. Man kann über dieser Kante scheren oder darunter. Aber nicht darin. Sonst sieht das so aus:

zu früher Scherversuch (ich sag nicht, wer es war...)

Hinten (links im Bild) war die Wolle schon abgewachsen. Vorne keine Chance. Da konnte man nur über der Kante etwas angleichen... (Ich war das nicht! Ich hätte gar nicht erst angefangen! Aber ich hatte die Kamera parat.) So krass ist das nur bei primitiveren Rassen (hier Shetland). Bei solchen mit weniger Fellwechsel kommt man da mit viel Fluchen noch durch.

Schön abgewachsene Wolle mit einer Kante, unter der es sich schneidet wie mit heißem Messer durch Butter, sieht so aus:


Shetlandmix, abgewachsene Wolle

Oder so (Bild von Whiteadder Rare and Native Breeds, @whiteadderwoodlands auf Instagram)

Shetlandschaf, abgewachsene Wolle (Bild Victoria Hedges)

 

Hier noch ein Beispiel mit Skudde. Skudden haben etwas weniger vom Fellwechsel als Shetlandschafe aber ebenfalls eine Abschwitzkante, IN der man nicht freiwillig scheren will aber UNTER der es einfach nur Spaß macht:

Handschur Skudde (an der Schere Saskia Dittgen)

Noch was zum "Abschwitzen": Das kommt vom Wollschweiß. Wollschweiß sind Salze und alkoholische Lanolinbestandteile. Also schon so salzige Ausscheidungen aus der Haut wie unser Schweiß aber Schafe schwitzen nicht so wie wir oder wie Pferde. Also nicht zur Abkühlung bei Hitze oder körperlicher Anstrengung. Die kann man in die Sauna stecken oder Sport machen lassen: Kommt kein extra Schweiß. Der Anteil nimmt aber zur Zeit des (ehemaligen) Fellwechsels zu. Das ist auch öfters mal ein Missverständnis: "Die Schafe müssen abgeschwitzt haben!" wird zu: "Die Schafe müssen geschwitzt haben!" und DAS wird dann so verstanden, dass es zur Schur reicht, wenn den Schafen einmal ordentlich warm geworden ist. Das bedeutet das nicht!

Es macht aber schon einen Unterschied, wie warm es ist und in den Tagen vor der Schur war! Je nach Rasse gibt es viel Lanolin oder wenig, öliges oder festes. Viel festes Lanolin wird geschmeidiger, wenn es warm ist und es lässt sich angenehmer scheren. Das hat aber mit "Abschwitzen" nichts zu tun. Das wird von der Tageslänge gesteuert, von Hormonen und eben auch von der Temperatur. Über eine gewisse Zeit. So wie auch der Holunder "Daten sammelt" und dann blüht, wenn er soweit ist.


Mittwoch, 18. August 2021

Shetlandwolle Probierpaket

Im Frühsommer war ich bei einer anderen Shetlandzüchterin scheren. Und während ich bei der Schur die Schafe und die Wolle bewundert habe (mit Unterbrechungen, wenn der Schweiß in die Augen lief und ich glaube, ich habe gar nix bewundert, als der eine Bock mir ganz fies gegen den Knöchel getreten hat), fiel mir wieder ein, dass mich jemand um eine kleine Probeportion Shetlandwolle gebeten hatte. Meine eigene war da schon vergeben. Also war das die Gelegenheit. Wenn man allerdings paarundzwanzig Vliese in den Händen hat, fällt es echt schwer, diese EINE Portion auszusuchen, die ein perfektes Beispiel für Shetlandwolle ist. Also waren es am Ende vier Vliese, denen ich nicht widerstehen konnte. Alle toll. Alle typisch Shetland. Aber alle anders. Da kann ich nicht EINE Portion raussuchen und sagen, DAS ist es.

Die vier Vliese sind aber sehr gute Beispiele, wie Shetlandwolle ist bzw sein kann. Da vier Vliese dann doch recht viel sind zum Probieren (auch wenn Shetlandvliese, gut sortiert, selten 1kg oder gar mehr wiegen), habe ich zwei Probierpakete draus gemacht. 

Vliese von Shetlandschafen (und anderen alten und auch moderneren Rassen) sind vorne, mitten, hinten anders. Deshalb sind die Vliese der Länge nach halbiert.

Shetlandwolle Probierpaket
 

Vier halbe Vliese in vier verschiedenen Farben und vier unterschiedlichen Vliestypen. Zusammen so 1,3 kg.

Weil ein Probierpaket ja vor allem für Leute gedacht ist, die Shetlandwolle noch nicht kennen, habe ich eine kleine Broschüre gemacht zu Shetlandschafen, ihrer Geschichte, der Wolle und der traditionellen Nutzung der Wolle. 

Shetlandschafe: Format 21cm Quadrat, 20 Seiten farbig

Probedruck

Die Vliese im Detail:

1,3 kg gut sortierte Wolle reicht je nach Kleidergröße für einen Fair-Isle Pullover, einen Pullunder oder verschiedene kleinere Projekte wie einen Lace-Shawl aus den feinsten Partien (nicht "klein" aber braucht wenig Wolle) und mehrere kleine Strickstücke.

Ich würde daraus vermutlich mehrere verschiedene Fair Isle Mützen machen und dabei mit der Spinntechnik spielen und den Möglichkeiten der Vorbereitung. Und mit den Farben. Das katmoget Vlies ist ungewöhnlich hell (normal ist katmoget auf schwarz sehr viel grauer) und hat vielleicht zu wenig Kontrast zu dem weißen. Man könnte da beispielsweise etwas von dem gulmoget beimischen, um den Kontrast zu erhöhen. Oder eines/beide der hellen Vliese färben.

Das gulmoget könnte man in seine helleren und dunkleren Partien trennen, um grau und dunkles zartbitter zu bekommen. Oder die Vliese untereinander in verschiedenen Anteilen mischen für noch mehr Schattierungen...


Shetlandwolle weiß (das Schaf ist gescheckt, die Wolle weiß)


Shetlandwolle schwarz gulmoget 


Shetlandwolle katmoget (ein ungewöhnlich helles katmoget Vlies, silbrig, fast weiß)


Shetlandwolle moorit



Samstag, 14. August 2021

Wolle im Garten

Es gibt tolle Wolle zum Spinnen und Filzen. Und nicht so tolle Wolle. Und welche, die eigentlich toll ist aber total eingesaut und auch an den supertollen Vliesen gibt es Partien, die Müll sind. 

Wobei "Müll" in diesem Fall nicht für die Tonne ist, sondern richtig wertvoll im Garten! Wenn man keine eigene Wolle hat aber einen Garten, sollte man sich Gartenwolle kaufen! 

Wolle als Dünger

 

Wolle speichert Feuchtigkeit und ist ein super Dünger, der sich langsam zersetzt. Sie liefert sehr viel Stickstoff (ca. 12% findet man im Internet als Wert für ungewaschen Wolle) aber das ist nicht alles! Wenn man keinen starken Phosphormangel hat, ist Wolle ein Volldünger. Phosphor ist zwar auch enthalten aber nicht viel. Magnesium und Schwefel ist drin und vor allem viel Kalium. Das brauchen Pflanzen für leckere Früchte und für ihren Wasserhaushalt. Trockenstress und Frost (der im Prinzip für die Pflanze auch Trockenstress ist), sind bei guter Kaliumversorgung für die Pflanzen besser zu meistern. Und Pilzerkrankungen haben es schwerer.

Der Kaliumgehalt ist übrigens ein Grund, warum Brennesseljauche so hilfreich bei allerlei Problemen ist.

Als Dünger also eine super Sache! Die Wolle hebt auch den pH-Wert, was viele Pflanzen gut finden. (Moorbeetpflanzen wie Heidelbeeren allerdings nicht!)

Dünger und Feuchtigkeitsspeicher: Da ist schon mal klar, wo ein Teil der Gartenwolle landet! Unten in Blumenkübeln, Balkonkästen und Hängekörben. Wasserspeicher ohne Vernässung plus Langzeitdünger!

Das ist auch im Hochbeet super. Ein Hochbeet habe ich nicht, aber Kartoffelkisten, die ich jedes Jahr neu fülle Ähnlich wie ein Hochbeet: Äste, Heckenschnitt, Wolle, Kompost, Erde. (Ursprünglich hatte ich die Kisten nur, weil ich gerne Kartoffeln mit dunkler Schale mag aber die im Beet nicht wiederfinde. Die sehen genauso aus wie Erdklumpen. In der Kiste finde ich sie und mit dieser Füllung ist der Ertrag ziemlich beeindruckend!)

Man kann die Wolle auch einfach ins Pflanzloch geben und das natürlich nicht nur bei Kartoffeln. Oder eine tiefe Saatrinne ziehen, Wolle reinlegen, mit Erde bedecken und aussäen. Das dann aber nicht für Wurzelgemüse - die wachsen wohl sehr ulkig, wenn die durch die Wolle müssen.

Wolle als Mulch

Wolle macht sich nicht nur gut IM Boden sondern auch oben drauf! Als Mulchschicht unterdrückt sie Unkraut und verhindert Verdunstung. Als Mulch gibt sie auch Nährstoffe ab aber sehr langsam. Da ist es vor allem der anhaftendene Dünger von Popowolle, der in den Boden sickert. Mit Wurzelkontakt wie in meinen Kartoffelkisten zersetzt sich Wolle innerhalb eines Jahres wogegen sie als Mulch um Obstbäume und Beerensträucher jahrelang hält. 

Das ist ein Grund, warum ich Wolle als Mulch im Gemüsegarten nur probehalber beim Kohl eingesetzt habe. Muss ich das dann im Herbst alles zusammenharken? Kann ich es eingraben? Einfach ne Schicht Kompost drauf und einsäen?

Ich hätte ja gerne Streifen aus lockerem Filz, die ich einfach runternehmen kann... Platten aus Filz gibt es zu kaufen - mit Löchern drin zum Pflanzen. Wie Mulchfolie nur besser, weil aus Wolle. Das ist aber nur was zum Pflanzen, nicht zum Säen.

Wollfilzmulchstreifen

Heute habe ich mit Susanne von Cara Sheep ausprobiert, ob man sich nicht solche lockeren Filzstreifen herstellen kann. Susanne kann nicht widerstehen, wenn es irgendwelche Gadgets oder Maschinen gibt, die man irgendwie für Wollzeug gebrauchen kann. Wie einen 3D-Drucker, mit dem man u.a. Pin Looms herstellen kann (auf ihrer Seite zu bestellen). Oder eine Filzmaschine. Die ist wie eine Nähmaschine mit fünf Obernadeln aber ohne Faden und Unternadel.



Wir haben die Maschine nicht so wirklich ihrem Verwendungszweck entsprechend benutzt aber es ging. Mit ein paar gebrochenen Nadeln und viel Sauerei beim Kardieren der zwar gewaschenen aber vollgekrümelten Wolle.


Am Ende hatten wir ein paar Meter Vliesstreifen, die ich jetzt mal im Garten ausprobieren werde.

Die Alphatester sind ein paar junge Grünkohlpflanzen. Für die erste Zeit hält eine Mulchschicht aus Wolle übrigens auch Schnecken ab.



Montag, 4. Mai 2020

Die erste Wolle des Jahres

Die ersten Wollbüschel des Jahres... mit denen spiele ich immer besonders lange...


Hantilags heißen diese rumfliegenden Wollbüschel in Shetland. Hagalagða in Island. Ich habe mir sagen lassen, das käme von Wiese/Weide und legen.
Was die Schafe einem auf die Wiese legen...

Wie jedes Jahr sind "Happy und Familie" diejenigen Shetlandschafe, die als erstes Wollbüschel verteilen. Als allererste Joy...


Shetlandschaf gulmoget


Jeden Tag ne handvoll... mit recht extravaganten Frisuren zwischendurch:


Shetlandschaf


Diese Wolle sieht schon mal ganz nett aus... insgesamt ein (sehr) gutes Pfund... mal schauen, was daraus wird...

Shetlandwolle


Von zwei anderen Schafen habe ich auch schon erste Büschel gesammelt. (Anfangs kommt ja auch nix weg, wird alles in beschrifteten Papiertüten gesammelt...)
Interessanterweise haben diese beiden "eigentlich" die gleiche Farbe. Katmoget auf braun. 
Die beiden Pröbchen wirken von der Art recht unterschiedlich. Links mit deutlicher sichtbarem Crimp. Ob da eine feiner ist als die andere, kann ich nicht sagen. 

Shetlandwolle katmoget

Also habe ich die Lupe rausgeholt. 9x vergrößert kann ich immer noch keinen Unterschied sehen...
Da der parallele Crimp der linken Wolle dabei durcheinander geraten ist, sehen beide (für mich) identisch aus. 

Shetlandwolle unter der Lupe

Man sagt ja - so als Faustregel, dass eine Wolle ganz gut in der Fadenstärke gesponnen werden kann, die ihrem Crimp entspricht. Also wenn eine Stricknadel mit 2,5mm in eine Crimpbiegung passt, dann ist "Spinnen für Nadelstärke 2,5" ein guter erster Anhaltspunkt. 
Das ist extrem grob und wie gesagt nur ein Anhaltspunkt, wenn man so gar keine Idee hat, was man mit einer Wolle als erstes ausprobieren soll. 

Bei Fasern mit einer Kräuselung, die durcheinander ist, sieht man das natürlich nicht so gut. 

Crimp und Nadelstärke







Dienstag, 11. Februar 2020

Schafe und Wolle in Europa - das Buch zu unseren Schafrassen


Es ist soweit!
Es gibt ein Buch zu den Schafrassen Europas und ihrer Wolle! Geschrieben von der niederländischen Schaf- und Wollexpertin Betty Stikkers. 
Ich habe es ja schon angekündigt und nun ist es "fertig" (fertig wird es nie!)

Bekommen kann man das Buch in Deutschland über mich. Am besten eine Email schreiben an books@driftwool.de

Wollbuch
Schafe und Wolle in Europa
Schafe und Wolle in Europa hat insgesamt 220 Seiten in Ringbindung und kostet 39,50 plus Porto.
Auf den ersten 61 Seiten gibt es einen Einblick in die Geschichte der Schafe, Hintergrundinfos zu Wolle, Vliestypen, Schur, zum Waschen und Verarbeiten. 


Informationen zu Wolleigenschaften

Vliestypen und Rassen, bei denen man sie findet 
 Anschließend werden 134 Schafrassen (und gängige Kreuzungen) sowie andere Wollträger (wie Alpaka, Angorakaninchen, Yak,...) in Porträts vorgestellt mit besonderem Augenmerk auf ihre Wolle und deren Filz- und Spinneigenschaften. 


Wollbuch
Schafrassen im Porträt

Vorwort zur deutschen Übersetzung


Schafe. Die sehen alle gleich aus, sind ein bisschen blöd und Wolle kratzt?
Mitnichten! Sie sind unsere ältesten Nutztiere, die es in einer unglaublichen Vielzahl an Rassen und regionalen Schlägen gibt.
Wolle ist nicht nur ein nachwachsender Rohstoff, sondern eine Faser mit unglaublichen Eigenschaften, an die keine Kunstfaser herankommt.
Durch die Vielzahl verschiedener Schafe gibt es Wolle in ganz verschiedenen Ausführungen. Jede für eine andere Art der Verarbeitung und für andere Produkte geeignet.
Dieses Buch ist ein umfangreicher Ratgeber, der Lust macht, die verschiedenen Wollsorten auszuprobieren und der hilft, die richtige Wolle für ein bestimmtes Projekt zu finden.
Vorab bekommt der Leser Informationen zu Schafen in Europa, zu ihrer Geschichte und zu Wolle an sich. Woraus besteht die Faser? Wie wird sie gebildet? Was sind Stapellänge und Kräuselung? Welche Vliestypen gibt es?

Die Mitarbeit an der deutschen Übersetzung war faszinierend! Wie sagt man auf deutsch? Da gab es bestimmt mal Begriffe, aber die sind teilweise verloren gegangen. Deshalb gibt es in der Übersetzung Begriffe, die ich in alten Quellen gefunden habe und solche, die sich ganz modern im Internet durchgesetzt haben. Und manchmal einfach die englischen.

Noch faszinierender waren die inhaltlichen Diskussionen mit Betty. Stimmt die Zeitangabe? Sind das wirklich verschiedene Rassen? Ist das wirklich dieselbe unter verschiedenen Namen?
Wir wissen so vieles nicht über unsere ältesten Nutztiere. Vieles sind Annahmen, Hypothesen und manchmal einfach Mythen.

Ich hätte verstanden, wenn Betty zu meinen Anmerkungen gesagt hätte: Ich lass das jetzt so stehen, stand ja auch so in Quelle XYZ. Es gab auch einen Punkt, an dem ich dachte, ich frag jetzt nicht nach. Wird schon passen.
Dann schrieb mir Betty, dass sie das Buch der Erinnerung an einen guten Freund widmet, der viel für seltene Schafrassen in den Niederlanden getan hat. Und mir wurde klar, dass dieses Buch mehr ist als ein Ratgeber für verschiedene Wollsorten. Es ist eine Hommage an die guten Hirten; die vor uns da waren, mit uns da sind, nach uns da sein werden. In der Vielfalt der Schafrassen steckt das Herzblut von 10.000 Jahren!
Dieses Buch wird nie vollständig sein. Es wird Fehler haben. Aber keinen, weil es egal war!

Die Begeisterung und der Perfektionismus, mit denen Betty bei jeder meiner Anmerkungen recherchiert, war mitreißend! Sie hat Experten in den Heimatländern der Rassen befragt und Wissenschaftler, die sich mit DNA Analysen beschäftigen, hat Quellen überprüft und sich weitere Wollproben besorgt.

Wenn ich schreibe, dass ich in der Zusammenarbeit mit Betty viel gelernt habe, ist das untertrieben. Danke Betty!



Stricksack - ganz besondere Wolle, ganz besonders verstrickt

So! Jetzt aber Marketingsprech!

Grandios! Bombastisch! Einzigartig!

Strickpaket Dornröschen
Stricksack Dornröschen
äähhh.... Ich mach's doch lieber anders... Ich habe schon lange diese Idee, dass man regionale Wolle anders anbieten müßte. Die kann nicht mit dem Zeug im Strickladen konkurieren. Da gibt es riesige Auswahl in riesigen Chargen und zu ganz unterschiedlichen Preisen. Eine kleine Charge, von nur einem Schäfer / nur einer Schafrasse: Das wird teuer! Und die kann man eher selten als Ersatz für super fluffige, in tausend Farben gefärbte Wolle aus Übersee nehmen.
Dabei hat die mehr Seele und die Schafe erhalten unsere schöne Landschaft. Und die Wolle verschiedener Rassen ist so unterschiedlich - für jeden Zweck was dabei! Da gibt es ein wahnsinns-Material gleich um die Ecke!
Viele Leute, die selber Spinnen oder Filzen, wissen das zu schätzen.
Aber für Leute, die einfach nur Stricken wollen - mit fertiger Wolle, ohne selber zu designen.... da gibt es nur was mit "Industriewolle".

Das müsste man mal ändern.... So ein rundum sorglos Strickpaket mit ganz besonderer Wolle, abgepackt für ein bestimmtes Strickstück, mit Anleitung und allem dabei.

Wenn man Schafe hat, lernt man Menschen kennen! Ich hab Cara kennengelernt!

Cara ist Macher und Techniker und... Wollsüchtel. In Kombination ist dann tatsächlich der Stricksack entstanden. Jetzt schon der zweite!
Was wir machen:  Wir suchen uns ganz besondere Strickwolle aus einer bestimmten Region. Von Schäfern, die für ihre Sache brennen! Und daraus entsteht ein Mützendesign, das die Region thematisch aufgreift. Kombiniert mit einer traditionellen Stricktechnik!

Stricksack nummer eins  - die Fischlimütze - hat Wolle von Schäferei Drutschmann in Sachsen, die Mütze hat die Fischteiche der Lausitz als Thema und ist im Fair Isle Stil gestrickt. Für Einsteiger ins mehrfarbige Stricken.

Stricksack zwei - Dornröschen - hat Wolle von Pommernschafen. Geniale Wolle. Handspinner wissen das. "Nur Stricker" kommen selten in den Genuß und das wollten wir ändern! Pommernwolle aus meiner alten Heimat, dem Weserbergland. Ich denke da immer an Märchen. Also gibt es ein Rosendesign und als Stricktechnick gehen wir nach Lettland.

Beide Stricksäcke kann man bei Cara kaufen



Strickpaket Pommernwolle
Stricksack - Pommernwolle


Dienstag, 28. Mai 2019

Schafe und Wolle in Europa - das Buch in der Vorschau

"Gibt es eigentlich ein Buch, in dem die Wolle der verschiedenen Schafrassen beschrieben ist?"
Ja
"Auf deutsch?"
Nö. Aber bald!
Ich freue mich sehr, das hier schon mal vorstellen zu können:

Wolle europäischer Schafrassen
Mit der niederländischen Autorin bin ich durch die Shetlandschafe in Kontakt gekommen. In Zusammenhang mit dem Buch hatte ich angeboten, dass ich ja mal drübergucken könnte... nicht, dass in der Übersetzung Fachbegriffe falsch (oder "ungewöhnlich") übersetzt wurden.
Also: Ich hab mal drübergeguckt! Und glaube, dass wird eine echt nützliche Ressource für all die experimentierfreudigen Spinner und Filzer (und bestimmt auch für Schafhalter), die Interesse an der unglaublichen Vielfalt der Schafe haben!

Betty war so nett, mir einen Text über sich und die Idee zum Buch zu schreiben, den ich für den Blogbeitrag übersetzt habe.
Eine Beispielseite gibt es auch, allerdings auf niederländisch:

Wollbuch - Beispielseite Texelwolle

Betty Stikkers, Schafe und Wolle in Europa


Mein Name ist Betty Stikkers. Ich wohne in dem wunderschönen Dorf Oijen, an der Maas. Zusammen mit meiner Freundin Linda züchte ich seit 25 Jahren Shetlandschafe.
Außerdem züchten wir Sherinos. 75% Shetland und 25% Merino. Schöne Schafe mit toller Wolle - die allerdings sehr fein ist und nicht jedem Spinner liegt.
Wir haben angefangen, die Sherinos mit Longwools zu kreuzen. Das gibt wunderschöne Tiere mit klasse Wolle. Sehr vielfältig!

Die Frage “Wieviele Rassen gibt es und wie ist deren Wolle?” war der Auslöser dafür, Bücher über Schafe und Wolle zu schreiben. Das sind vor allem Nachschlagewerke mit vielen Bildern und vielen Informationen. Zuerst gab es eine Niederländische Version. Wir haben viele Schafrassen hier. 69 Wollrassen. Immer mehr Menschen begeistern sich für das Spinnen und Filzen und suchen Informationen zu diesen Rassen.

Dann habe ich angefangen, über einen weltweiten Wollführer nachzudenken. Aber Veranstalter von Wollkursen hier und im Ausland haben mich zuerst um eine englische und Deutsche Version gebeten.
Glücklicherweise habe ich die Zeit dazu und kann das Buch selber erstellen, was die Kosten unter Kontrolle hält.

Von all der Wolle die ich bekommen, lasse ich den Mikronwert testen. Dann teste ich eine Probe: filze 20g und weitere 20g werden von Theres Akkermans versponnen, die eine sehr erfahrene Spinnerin ist.
Gefilzt wird die Wolle aus dem rohen, ungewaschenen Vlies. Alle zur gleichen Göße ausgelegt und gefilzt in der Waschmaschine unter gleichen Bedingungen (2x bei 60°, 1,5h).
Natürlich kann man Wolle wunderbar mit der Hand filzen aber mir geht es darum, eine Einschätzung abzugeben, wie gut die Wolle filzt, wie stark sie schrumpft, etc.

Theresa geht mit ihrer Erfahrung ähnlich vor.
Besonders wichtig in dem Buch sind die Bilder! Sie sollen die Eigenschaften und den Charakter der Schafe wiedergeben aber sie sollen auch einfach schön sein! Das hat besonders lange gedauert. Es gibt wunderbare Bilder im Internet, die hervorragend geeignet wären. Dazu muss man “nur” den Fotografen ausfindig machen und die Nutzungserlaubnis einholen.
Geplant ist, dass die englische und die deutsche Version Ende Juni erhältlich sind!


Update

Es ist erhältlich! Mehr hier


Donnerstag, 20. Dezember 2018

Stricksack: Regionale Wolle, tolle Mütze

Beim Thema Wolle ist bei mir das Schaf im Fokus: Gute Haltung und tolle Wolle am Schaf.
Von "um die Ecke", über die Isle of Man, Fair Isle und die Hebriden bis auf die Lofoten habe ich mit Schäfern und Wollproduzenten, Textildesignern und Strickern geredet und viel gelernt über Schafe und Wolle.

Und dann habe ich Susanne getroffen, die Wolle von meinen Schafen verarbeitet hat. Susanne ist "Tüftlerin". Welche Wolle wofür? WIE verarbeiten, um das Beste aus dem Material herauszuholen? Sowas...

Daraus ist ein spannender Austausch geworden! Wir haben beide einen sehr hohen Qualitätsanspruch. Vom Schaf bis zum Produkt. Und siehe da: Man kann das kaufen! Regional produzierte Strickwolle, die hervorragend ist und aus sehr guter Tierhaltung stammt! Man muß nur wissen, wo! Und ne Idee haben, was man draus macht. Und das Werkzeug dafür haben.

Und genau das haben wir zusammengepackt. Im Stricksack!


Stricksack: Regionale Wolle, besonderes Design


Regionale Wolle, Werkzeug, Strickanleitung. In einem Paket verschnürt, mit dem man sofort mit dem Selbermachen loslegen kann.

Jeder Stricksack kombiniert die Region, aus der die Wolle stammt, mit einer anderen Region: Die, aus der die Stricktechnik stammt. Die Vielfalt unserer Welt und die Besonderheit des Regionalen!

Der erste Stricksack enthält Wolle aus dem Erzgebirge (Schäferei Drutschmann) und der Oberlausitz/Niederschlesien (Rieger).
Da denkt man an Lausitzer Karpfen und buntzlauer Keramik. Und daraus ist das Mützen-Design für diese Wolle entstanden:

Fair Isle trifft Buntzlauer! Und Karpfen!

Stricksack Sachsen: Der Nischelwärmer! 

Den Stricksack gibt es regional in ausgesuchten kleinen Läden und bei Cara Sheep.


Wer in der Ecke ist ist und wissen will, warum gerade diese Wolle im ersten Stricksack ist: Einfach mal bei Schäferei Drutschmann vorbeischauen! 
Kennengelernt habe ich die, weil ich dort meine Wolle kardieren lasse.  Ich hatte verschiedene Schattierungen von Grau. In Kleinstmengen. Da war klar, daß das zusammengeworfen wird. Was ich zurückbekommen habe waren ... Schattierungen von Grau! Weil  Frau Drutschmann davon genauso begeistert war wie ich. Da finden sich technische Möglichkeiten!
Diese Achtung vor dem Rohmaterial (und den Tieren) merkt man auch an der Strickwolle, die man von Drutschmanns Herde kaufen kann! 
Die Hautpherde sind Merinolandschafe und Gebrauchskreuzungen, die Landschaftspflege im Erzgebirge betreiben. Daneben eine kleinere Herde Skudden. Schäferei mit kontrolliert biologischer Tierhaltung, Wollscheune mit interessanten Workshops und ein schnuffeliger Hofladen.

Mittwoch, 12. Dezember 2018

Ist Wolle wirklich was Schlechtes?

In diversen Medien stolpert man immer wieder darüber, daß Wolle schlecht ist. Schafhaltung überhaupt. Die Tiere werden mies gehalten, bei der Schur gequält, auf grausame Transporte geschickt und für's Klima sind sie das Letzte!

Aufrufe zum Boykott von Wolle kommen nicht nur von Organisatonen, die kein vernünftiger Mensch ernst nehmen kann, sondern auch von welchen, die eigentlich einen guten Eindruck machen. Die Albert Schweitzer Stiftung finde ich da besonders enttäuschend.
Leute: Wo habt Ihr Eure Informationen her?
Ich bin ja nun viel unterwegs in Sachen Schaf und kenne viele Betriebe. In Deutschland, Österreich, der Schweiz, Tschechien, Norwegen, Schottland, England, Irland,....

Wie kommt es, daß ich ein ganz anderes Bild habe?

Edit: Ich wollte eigentlich was anderes über Wolle schreiben und bin abgedriftet... Dabei habe ich für den anderen Blogbeitrag extra ein Bild geknipst. Ich war zum Tag des offenen Handwerks auf einem Hof (Schäferei Drutschmann, die für mich immer die Wolle kardieren) und mußte einfach Strickwolle mitnehmen und ausprobieren. Die Wolle ist super! Die Mütze ist von der Shetland Wool Week vor ein paar Jahren . Die ist auch gut. Und mein Fotomodell posiert auf einem Schaffell aus Brandenbug und einer Wolldecke aus Norwegen. Wer das Ensemble nachbauen will: Das Kissen ist frei Schnauze gestrickt, das Sofa Massenware von Ikea, der Hund einmalig.) 




Zurück zu Lück:

Fachinformationen zu Klima, CO2-Bilanz, Produktionsbedingungen etc. findet man im Internet. Die Fachartikel und offiziellen Statistiken bestätigen mein Bild.

Natürlich gibt es schwarze Schafe - auch unter den Schäfern.

Unfair wird es, wenn in den Medien solche Vorkommnisse als globale Normalität präsentiert werden. Noch schlimmer, wenn in den Artikeln eine andere Information angehängt wird, die damit gar nichts zu tun hat. Ein Beispiel: Ein Bericht über miese Tiertransporte. Und im Anschluß die Information, daß täglich soundsoviele Tiere von Schottland nach Nordirland gebracht werden. Da beschließt die Fährgesellschaft schnell mal, daß sie das nicht mehr macht. Öffentlicher Druck. Man tut was für's Tierwohl.
Wirklich? Ich finde es sinnlos, Tiere sonstewieweit zu transportieren, um sie dann DORT zu schlachten. Es gibt Tiefkühltruhen. Aber was ist mit Jungtieren, die auf Irlands grünen Weiden wachsen sollen? Was mit Zuchttieren? Hat der miese Transport aus dem Anfang des Berichts irgendetwas zu tun mit den Tieren auf der Fähre? Außer, daß es um 'Tiere unterwegs geht'? Das ist schlechter Journalismus. Billige Stimmungsmache, die niemandem etwas bringt.

Unsere Gesetze in der EU sind realitv streng. Die dürfen gerne noch strenger werden. Aber darum geht es in solchen Artikeln nicht. Es geht um Stimmungsmache und als 'Verbraucher' beschließt man dann, dieses oder jenes nicht mehr zu kaufen, weil man Schlechtes gelesen hat. Manchmal hat man Schlechtes über was ganz anderes gelesen aber wurde manipuliert...

Natürlich gibt es Länder, in denen die Tierschutzstandards viel zu niedrig sind.
Will ich mit dem Kauf meiner Klamotten kein Tierleid verursachen, was bleibt mir? Ich kann auf Wolle verzichten. Aber was dann?

Kunstfaser-Textilien sind nicht sooo weit hinten in der Statistik zum Plastikverbrauch (der weitaus größte Teil wird für Verpackungen und Baumaterialien verwendet). Wenn es um Mikroplastik im Wasser geht, sind Klamotten weit vorne. Bei jedem Waschen geht davon einiges ins Wasser. Aus Umweltgesichtspunkten also auch nicht super.

Dann ist da Baumwolle. Monokulturen, Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, manchmal auch von Entlaubungsmitteln, Aufbereitung und Färbung mit giftigen Stoffen... dazu in einigen Ländern niedrige Standards zum Gewässerschutz vor diesen Stoffen und erst recht niedrige (oder gar keine) zum Schutz der Arbeiter. Und das sind oft Kinder, die da in der Giftbrühe stehen. So pauschal besser wirkt das nicht.

Seide: Die armen Seidenraupen! OK, das Argument ist nicht meins... die werden nachher Hühnerfutter und die Hühner ernähren eine Familie... Seide ist nun aber nicht gerade das Material, aus dem man sich eine warme Wintermütze macht.

Leinen und Hanf: Da findet man tatsächlich wenig Schlechtes. Überwiegend scheint Hanf und Leinen unter ordentlichen Bedingungen produziert und verarbeitet zu werden.
Bei Klamotten aus Leinen und Hanf hat man eine gute Chance, keine Umweltsau zu sein. Auch ohne so ganz genau hinzugucken.

Ansonsten kann man das nicht so pauschal sagen.

Wolle als Faser ist genial. Würde das jemand erfinden, würde er sich mit dem Patent eine goldene Nase verdienen. Oder zwei. Wärmt auch, wenn es nass ist. Macht perfekten Temperaturausgleich, stinkt nicht gleich...
Wollklamotten halten lange und danach sind sie recyclebar (nur 1,3% textiler Fasern sind Wolle aber beim Anteil an recycelten Fasern macht Wolle 5% aus) oder einfach biologisch abbaubar. Man muß Wollzeug nicht so oft waschen und wenn, dann wird da kein Mikroplastik frei.

Der "Anbau", wenn gut gemacht, erhält nicht nur artenreiche Habitate, die mehr CO2 binden als durch die Schafhaltung freigesetzt wird: Schafhaltung kann solche Habitate sogar erschaffen!
Weidehaltung von Schafen und Rindern verdient eine bessere Berichterstattung! Man könnt ja meinen, pupsende Kühe wären unser größtes Klimaproblem. "Die Rinderhaltung" sind nicht (nur) Mastbetriebe/Feedlots mit Rindern, die mit genmanipuliertem Futter von abermillionen Hektar überdüngter und gespritzter Monokultur gefüttert werden. Nicht mal in den USA ist das so und bei uns erst recht nicht! Klimaneutral und klimapositiv (also mit negativer CO2 Bilanz) ist nicht nur möglich sondern auch gut etabliert!

Die Schafhaltungen, die ich kenne, sind tiergerecht und umweltfreundlich. Einige Betriebe stechen da nochmal heraus, weil sie besonders gut sind, besonders wichtige Habitate pflegen und/oder alte Rassen erhalten.

Fjordlandschafe. Spaelsau auf Sylt. Sie erhalten u.a. Küstenheide und Salzwiesen.

Es gibt viele, viele Betriebe, mit deren Wolle würde man rundum Gutes tun. Für die Umwelt, für die Artenvielfalt, das Klima, traditionelle Landnutzung, Erhalt von Kulturerbe und Naturerbe,...

Aber auf dem Wollpuli im Klamottenladen steht das nicht drauf. Es gibt Siegel. Gibt es auch bei Baumwolle. Aber was bedeuten die? Da gibt es immer zig verschiedene und alle klingen toll...

Was bleibt mir übrig beim Klamottenkauf? Ich gehe ja nicht gerne einkaufen. Ich gehe nicht mal gerne Schokolade kaufen! Der schnelle, billige "Kick" eines neuen Teilchens ist nicht so meins aber rein unter den Gesichtspunkten Tierwohl, Umwelt, Nachhaltigkeit:

Kunstfaser für Klamotten, die man lange behalten wird und besonders für solche, die nicht ständig gewaschen werden müssen. Diese tollen, superwarmen Jacken mit Hohlfasern, die so gut wie nix wiegen und irre teuer sind! Die sind leider nicht hart im Nehmen. Ein Hoch auf moderne Kunststoffe, Klebstoffe und Flicken!


 Ebenfalls unverzichtbare Kunstfaserklamotte: Der gute alte Friesennerz!

Funktionswäsche aber lieber aus Wolle oder mit Wolle. Von Firmen, die einen Anspruch haben. Ortovox zum Beispiel. Die haben auch Tencel entwickelt. Die einzige (?) Kunstfaser, die unter Umwelt- und Nachhaltigskeitsaspekten entwickelt wurde.

Baumwolle: Keine Ahnung. Es gibt da ein Biosiegel. Und Fair Trade. Ob das was aussagt? Besser als ohne Siegel vermutlich...

Wolle: Funktionszeug gibt es von Firmen "mit Anspruch'.  Im großen und im Kleinen. Ich glaube, man hat bessere Chancen halbwegs nachhaltig zu handeln, wenn man Wolle kauft. Irgendwelche. Im Vergleich mit "irgendwelcher Baumwolle" oder "irgendwelcher Kunstfaser". Aber gerade bei Wolle geht es "richtig gut"!

Mein Anspruch ist da natürlich besonders hoch.