Sonntag, 8. April 2018

Pommernwolle - ein Traum für Handspinner - Gastbeitrag

Vorwort: Ich freue mich riesig über diesen Gastbeitrag! Rauhwollige Pommersche Landschafe sind nicht nur eine schöne, alte, heimische Rasse - sie haben auch klasse Wolle! (Der Name ist beinahe schon Etikettenschwindel - weshalb sie unter Handspinnern immer noch so was wie ein Geheimtipp ist!)
UND: Für eine Rasse, die es "nur" in grau gibt, sind Pommern farbgenetisch unglaublich interessant! Über die "shades of pommern grey" bin ich auch mit Karin in Kontakt gekommen und habe dann mitbekommen, was sie tolles aus der Wolle macht! 
Wer an Himmelfahrt im Weserbergland unterwegs ist hat Gelegenheit, frische Vliese ab Hof zu kaufen. Mehr dazu am Ende des Artikels!

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Faszination Rauhwolliges Pommersches Landschaf

Pommernschaf - Strickwolle in verschiedenen Grautönen

Wir - Karin und Christoph - haben eine kleine Herde rauhwolliger pommerscher Landschafe (kurz: RPL), die im Weserbergland auf etwa 250 m ü NN wohnt. Hier grasen sie auf den Weiden rund ums Dorf, am Waldrand und pflegen die Landschaft.
Für die Pommern haben wir uns damals entschieden, weil wir ein genügsames, robustes Schaf gesucht haben, das gute Muttereigenschaften zeigt.
Da haben wir voll ins Schwarze getroffen! Und dann kam noch der Jackpot hinzu: Wolle, die sich toll verarbeiten lässt und von Natur aus unterschiedlich grau ist.
So entstand jahrelang ein handgesponnenes Kleidungsstück pro Winter.

Rauhwollige Pommersche Landschafe

Die Rasse

Die Pommern sind eine der vielen alten, vom Aussterben bedrohten Rassen. Sie stammen (u.a.) vom Zackelschaf ab, das einst  in Europa sehr verbreitet war, damit sind sie recht außergewöhnlich.

Die Farbe

Außergewöhnlich sind auch die Farbe (schwarz mit grauer Wolle) und die Wollstruktur (Mischwolle).  Die Grautöne können jede Nuance von silbergrau bis fast schwarz haben und bieten – ungefärbt – schon ein tolles Spektrum. Die einzelnen Wollfasern sind schwarz oder weiß – die Zusammensetzung ergibt den Grauton.

Unter der Lupe: Das lebendige Grau der Pommernwolle

Die Lämmer


Die Lämmer der RPL werden schwarz geboren. Kopf und Beine der erwachsenen Tiere bleiben schwarz und die Wolle wird (unterschiedlich) grau! Die Schafe haben häufig ein inniges Verhältnis zu ihren Lämmern und wenn die Jungschafe nach der Lammzeit wieder zur Herde stoßen, begrüßen sich die wieder zusammen geführten Familien.

Die Wolle

Das Vlies besteht zudem aus unterschiedlichsten Fasern – wenigen dicken und sehr dünnen und vielen im mittleren Bereich der C-Wollen (C-Wolle: 30-37 µ) – mal mit Tendenz zum etwas feineren B (nicht so erwünscht beim Züchter) mal mit Tendenz zum etwas gröberen D (nicht so schön für den Pulloverbesitzer). Die einzelnen Fasern gehören verschiedenen Kategorien an: Wollhaare, Langhaare, Kurzhaare- bei den Pommern kommen noch Modifikationen hinzu: langwachsendes Kurzhaar und wolliges Langhaar. – (mehr dazu: Gunhild Kurt, Skudden und Pommern haben besondere Vliese, in Schafzucht 9/2008)
Jede dieser Fasern hat ihre eigene Struktur: mit Mark oder ohne, mit Krimp oder Wellung oder ohne. Ziemlich verwirrend. Ziemlich chaotisch.

Wichtig ist eigentlich nur das Ergebnis:
a) am Schaf: die Mischwolle schützt vor Wind und Wetter!
b) für die Nachnutzung durch den Menschen: die Mischwolle lässt sich wunderbar verarbeiten – sie fließt ins Spinnrad – und sie wärmt den Pulloverträger genauso gut wie die Vorbesitzer!

Dabei fühlt sie sich weicher an, als der Name vermuten lässt. Früher hieß die Rasse „Grauwolliges pommersches Landschaf“ und einige der heutigen Züchter gehen wieder zu dieser Bezeichnung über.
Vlies Brunhilde

Ein Blick ins Vlies von Brunhilde, hier noch als Jungschaf, zeigt nicht nur, wie sich das Grau aus hellen und dunklen Fasern zusammensetzt. Man sieht auch, wie sich zwischen den unterschiedlichen Fasern Luftkammern bilden, die das Schaf isolieren. Die Langhaare (Überhaar) sind vor allem im Spätsommer und Herbst deutlich zu sehen, wenn sie über die kürzere Unterwolle herausgewachsen sind. Sie liegen wie ein Regenmantel über dem Vlies,  wie man auf dem nächsten Bild sehen kann: Bella und Nokia nach einer Regennacht im Spätsommer 2017. Zum Winter hin und vor allem bis zur Schur im Frühjahr hat die Unterwolle dann an Länge zugelegt und erreicht gut 80% der Länge des Überhaars.
Pommernschafe - Regen macht ihnen nichts aus

Wir verarbeiten (und verkaufen) die Pommernwolle aus der Flocke, vom kardierten Vlies und als maschinell versponnenes Garn. So gibt es viele Möglichkeiten, den Kleiderschrank zu füllen!

Pullover aus Pommernwolle

Hier sind ein handgesponnen und handgestrickter Pullover und einer aus maschinell versponnener Wolle, der auf der Strickmaschine gestrickt wurde. Der dunklere Teil ist jeweils aus Lammwolle gefertigt. Mir gefiel das Design gut, nur der zuerst gefertigte handgesponnene Pullover war im Büro zu warm. So entstand dann ein zweites Exemplar in Nadelstärke 2,5.

Pommernwolle - grau kann ganz schön 'bunt' sein!

Die vier linken Stränge sind die Grundlage für den handgesponnenen Pullover von oben. Im Hintergrund ein Jungschaf und die im August (2015) frisch geschorenen Lämmer.

pflanzengefärbte Pommernwolle

Graue Wolle mit verschiedenen Pflanzen gefärbt – eine Experimentierreihe aus dem letzten Winter. Die (zum Teil) vorpigmentierte Wolle der Pommern ergibt etwas gedämpfte Farbtöne. Der darunterliegende Pullover hat den ursprünglichen Grauton der Wolle!

Die Schur 2018

Demnächst steht die Schur an, an Himmelfahrt verkaufen wir von 11:00-14:00 Vliese ab Hof in Rinteln.
Wer Lust auf Pommernwolle bekommen hat, findet uns auch im Netz unter: www.rauhwoller-in-rinteln.de.
Hier sind noch Bilder der Vliese vom letzten Jahr zu sehen.
Mehr Informationen zu den Pommern und eine Züchterkarte (vielleicht ist ja ein Züchter in deiner Nähe, der auch noch was abzugeben hat?) www.ig-pommernschafe.de
Die Wolle der Pommern wird in der Zucht hoch bewertet, aber noch schöner ist es, wenn sie nach der Schur auch in gute Hände geht. Das Verarbeiten von heimischer Schafwolle ist ein Beitrag zur Unterstützung und Wertschätzung der Arbeit, die die Schäfer leisten!

Schur 2017 - Rauhwoller in Rinteln

Zum Schluss ein Rückblick auf die sortierte Wolle von 2017- mit Vorfreude auf die nahende Schur.
Karin Höller


Samstag, 7. April 2018

Bunte Herde und erste Schafschur...

Was für eine tolle Überraschung! Ein Paket für mich! Von Sigi

Großzügig zugeklebt.... eine harte Geduldsprobe, wenn man so gespannt ist. Herrlich!
Eine ganze Herde bunter Schafe!

Bunte Schafe

Die hatten gleich mal Weidegang aber haben sich dann recht schnell in den Schatten zurückgezogen!

Bunte Schafe

Und weil ich ja auf Anfrage Handscherkurse gebe und zeige, wie man mit der Handschere Schafe schert, habe ich gleich mal ein Lehrvideo gemacht:

Schafschur

Ja - ein Vlies wird ordentlich sortiert und gerollt!

Montag, 2. April 2018

Schafe haben Namen

Das habe ich vor Jahren schon mal geschrieben... Die haben einfach Namen. Manchmal verraten sie einem den aber nicht. Dann bleibt es bei dem Arbeitstitel, den ich ihnen gebe, um mir Notizen zu machen.

Aber irgendwann fällt einem etwas auf und sie bekommen ihren richtigen Namen.
Manchmal erinnern sie mich an jemanden. Hannah sah einfach aus wie Hannah. Frau Zimmermann hatte die Locken einer Kollegin.

Letztes Jahr waren die Jungs alles Käpt'ns. Aber auch ein Thema schützt nicht vor "echten" Namen: Käpt'n Flint war bald ganz eindeutig Käpt'n HEINRICH Flint. Ein anderer Käpt'n war so ein Schönling, daß ich überlegt habe, ihn umzubenennen in Käpt'n Jack. (Da gibt es gleich zwei Schönlinge: Jack Sparrow und Jack Harkness aus Dr Who).
Der schafige Käpt'n Jack hat das dann selber entschieden: Beim Entwurmen haben alle einen Markier-Strich ins Gesicht bekommen. Käpt'n Jack hat so geschickt gewackelt, daß es eindeutig war:


Aber ganz unabhängig von Assoziationen und Erinnerungen, die die Lämmer in mir auslösen: Was für ein "Namens"-Konzept haben Tiere?

In so einer Herde reicht ja einfach "ey Du" für das Schaf, das man gerade neben sich hat. Das Aussehen, die Bewegungen, der Geruch. Super "Aufhänger" für das Bewußtsein/die Erinnerung - an gute oder schlechte Erfahrungen. Geruch ist ja selbst bei uns stark mit Erinnerung verknüpft.
Da muß man kein Etikett dranhängen, da kommen Gefühle hoch.

Aber Schafe erinnern sich an Gesichter. Auch menschliche. Und das noch nach vielen Jahren. Es gibt da ja zwei interessante Paper. ( In Nature und Royal Society Open Science)
Sie erinnern sich nicht nur an DAS EINE BILD sondern an die Person. Die erkennen sie auch aus einem anderen Winkel (mit ner Fehlerrate, die der Fehlerrate von Menschen entspricht.) Würden die Schafe, die Obama auf einem Bild erkennen, ihn auch "in echt" erkennen? Vermutlich.
Andersrum scheint das jedenfalls zu funktionieren. Schafe, die "wähle ein Bild" gelernt haben, entscheiden sich für das 2D Bild einer Person, die sie (nur) in 3D kennen. (In 7 von 10 Fällen)
Würden sie Obama wiedererkennen, wenn er zehn Jahre älter ist? Auf einem Bild? In echt?

Und vor allem: Denken Tiere - Schafe - an abwesende Kumpels? DAFÜR braucht man auf jeden Fall ein Namenskonzept. 

Sonntag, 1. April 2018

Überwiegend haarig mit vereinzelten Löckchen - die ersten Lämmer bei den Shetlandschafen

Genau wie bestellt! Die Mutter hat das Handbuch für Shetlandschafe gelesen das sagt: "Bock dazu zur Guy Fawkes Night - Lämmer am April Fool's Day!
Zwei kleine Aprilscherze! Die sogar schon Namen haben. Also Arbeitstitel. Schafe haben ja Namen. Und irgendwann verraten sie mir die auch. Die Mutter von diesen beiden hat das hartnäckig nicht getan.

Da Saskia und ich ja versuchen, den Überlick über die Shetlandschafe in Deutschland zu behalten, mußte für die "Datenbank" ein Name her. Kann man sich einfach besser merken als Nummern.

Shetlandschaf Gan Ainm

Da steht jetzt eine "Gan Ainm" drin. Das ist irisch für "ohne Namen" und so heißen in der irischen Musik all die Tunes, an deren Namen sich keiner erinnern kann...
Die Namen für ihre beiden Lämmer sind mir schon gestern in den Kopf gehüpft. Spuds und Tattie.

Shetlandschafe Tattie und Spuds
Beides Begriffe für Kartoffeln. Da habe ich dann ne Chance, meine Idee mit "thematischen Namen" weiterzuführen. Die Nachzucht der einen bekommt Namen irischer Kartoffelsorten, die der anderen welche von schottischen Sorten!

Interessant ist bei den beiden das Geburtsfell! Darüber habe ich gerade viel gelesen.
Bisher dachte ich, Skudden hätten alle die gleiche Art Geburtsfell. Bei Shetlandschafen gibt es welche mit "dog coat" (das ist wie bei Skudde - haarig wie ein Hund) und solche mit... anderem Fell. Wie "richtige" Schafe mit kleinen, feinen Löckchen. Den hundehaarigen sagt man mehr Wetterfestigkeit nach.
Auf das erwachsene Vlies kann man angeblich nicht schließen.
Jetzt habe ich gesehen, daß es auch Skudden mit sehr lockigem Geburtsfell gibt. Nicht ganz so klein und fein wie bei Shetlandern aber sehr lockig. "Persianerfell".

Ich würde ja jetzt gerne schreiben, wie das so ist mit dem Fell und wann man wie eine Vorhersage machen kann aber... ich seh nicht durch. Da haben sich viele Wissenschaftler mit beschäftigt und ich versteh kein Wort. "Pre curly curly tip" und "Heterotrich" und "Halo Hair" und das eine wird dies, das andere das und... mittendrin steht dann mal, daß das alles ganz einfach wäre! Ha!
Aber immerhin habe ich eine Aussage gefunden, daß man bei Skudden und Pommernschafen so ab 10 Monaten eine Vorhersage machen kann...
Das hat Gunhild Kurt herausgefunden, die DIE Expertin für Skudden- und Pommernwolle ist und die ich auf den Lofoten beim Blutpfannkuchen-Workshop getroffen habe.

Auf jeden Fall ist Spuds sehr maulwurfsfellig. Kurz, dicht und eher glatt als lockig.

Shetlandschaf Spuds

Tattie dagegen ist "dog coated" mit stellenweise kleinen Löckchen.

Shetlandschaf Tattie

Die Schwester aus dem letzten Jahr war halbiert. Vorne krisselig, hinten haarig. Mit so 5 Wochen fallen diese Lammhaare aus (bei so zutraulichen Schafen merkt man das - da sieht man aus, als hätte man nen Labrador gestreichelt) und dann wenn die Lämmerhaare ausgefallen sind, sieht man keinen Unterschied mehr.

Kerfuffle (Shetlandschaf mit so 80er Jahre Stulpen.... what a feeeeling!.....) und: Hinten dog coat, vorne Krissel-Löckchen
Bei ihr sieht man auch, welchen Unterschied der Haartyp bei der Farbe macht: Der "haarige" Teil ist kräftiger rötlich als der krisselige. Deshalb haben Haarschafe auch als Erwachsene noch so tolle Farben.