Montag, 21. Oktober 2019

Schafstassen / Rassetassen - making off

Angefangen hat das mit einer Infographic... Ich wollte eine machen zum Eintragen von Farben bei Shetlandschafen. (In UK und US)
Nur sahen die Schafe nicht wirklich wie Shetlandschafe aus. Warum? Wie so ein Polizeizeichner kam ich mir vor. Die Augen etwas kleiner und weiter nach oben, die Ohren tiefer....

typische Schafgesichter - erster Versuch

Als ich dann ein Shetlandschaf getroffen hatte, wollte ich wissen, was an einer Skudde denn anders ist. So vereinfacht gezeichnet...

Wer sehen will, muss zeichnen!

Im Biologie-Studium haben wir ständig gezeichnet. Und zwar exakt das, was wir sehen. Mit allen Details.
Hier ist es andersrum. Mit wenigen Strichen, mit "Punkt, Punkt, Komma, Strich" die Essenz einer Rasse darstellen!
Die Struktur der Wolle, die Hörner, Körperform, Gesichter! Vor allem die Gesichter! 

Tassen mit Schafrassen

So kommt dann eine Rasse zur anderen.

Making of Rassetasse 


Ich erstelle die Graphiken in Inkscape. Einem Vektorgrafikprogramm. 
Rassen die ich gut kenne, zeichne ich aus der Erinnerung. Denn dort sind die genau so abgespeichert, wie ich sie brauche. Nicht als Cartoon oder Vektorgrafik aber eben "die Essenz". 

Jetzt wurde ich gebeten, doch eine Tasse mit einem Manech á téte noir* zu machen. Oha!
Ich bin immer wieder erstaunt, wieviele Schafrassen es gibt, von denen ich noch nicht gehört habe! Geschweige denn, dass ich auch nur eins davon je persönlich getroffen habe!

Ein paar Bilder habe ich dazu bekommen. Irgendwie ein wenig wie Heidschnucke. Und wie Tiroler Steinschaf. Tiroler Steinschaf steht noch auf meiner Warteliste also habe ich mir ein Krainer Steinschaf genommen. (Die sehen natürlich anders aus als die Tiroler und Montaforer Steinschafe aber für den Anfang muss es reichen.)

Heidschnucke, Krainer Steinschaf

Auf den Photos haben mich die Augen und auch das Gesicht ein wenig an Milchschafe erinnert. (diese baskische Rasse wird auch tatsächlich gemolken). KleineAugen, recht weit oben. Tief angesetzte Ohren, lang, nicht stehend, nicht so hängend wie beispielsweise beim Karakul. Das Gesicht eher lang und schmal (im Profil mit mehr oder weniger Ramsnase). Daraus entsteht ein erster Entwurf: 

Heischnucke, Krainer Steinschaf, ostfriesisches Milchschaf - erster Entwurf

Dann die Hörner. Und zwar solche, die für mich zu den alten alpinen Rassen gehören. Oder zu süd-/osteuropäischen. Walachenschafe haben solche Hörner. (Bei Waldschafen gehen die auch ein klein bißchen in die Richtung aber sind doch eher wie die der nordischen... das nur so am Rande.)

erster Entwurf Manech á tète noir und Walachenschaf

Ich habe nicht genug Bilder mit Hörnern - also google Bildersuche. Da gibt es einige beeindruckende Böcke zu sehen! Hörner mit großer Biegung und kleiner, weit ausladend und weniger ausladene. Die von meinem Walachenschaf passen nicht ganz zu dem, was ich da als Essenz raus ziehe. Also wird als nächstes an den Hörnern geschraubt:

rumschrauben an Schraubenhörnern

Dann ist die Farbe dran. Schwarzer Kopf (und Beine) und grauer Körper. Was schwierig ist, denn ich kann den Kopf nicht wirklich schwarz machen. Dann sieht man Augen und Nase nicht mehr. Daher mache ich schwarze Köpfe je nach Rasse sehr dunkel braun oder sehr dunkel grau. Auf dem leuchtenden Computerbildschirm sieht man den Kontrast besser, als auf der fertig bedruckten Tasse. Beim Pommernschaf (ebenfalls grau mit schwarzem Kopf) musste ich nachbessern. Deshalb habe ich das jetzt als Vergleich genommen. Habe den Kopf aber trotzdem etwas dunkler gemacht.  

Anpassung der Vliesfarbe und Hörnerwindung

Den Kragen vom Steinschaf habe ich entfernt. Aber so richtig stimmt die Struktur der Wolle / der Gesamteindruck des Vlieses noch nicht... 

welche Version gibt die Vliesstruktur besser wieder?
Auf einer französischen Seite über die Rasse rate ich mir zusammen, dass die Wolle besonders lang ist. Bis 30 cm. Also doch eher wie die Heidschnucke. Allerdings sind die Schafe nicht so schmal und mit weniger zierlichen Beinen... 

Fertig! Oder doch nicht? Manech á tète noir? Nicht ganz...

Das stimmt immer noch nicht... die Hörner ... die Ohren sind auch noch falsch... knapp vorbei...
Passt schon ganz gut. Allerdings heißen die Manech tête noir!
So schon eher.... Ich lasse das erstmal sacken. Dann google ich nochmal (ohne vorher meinen Entwurf anzugucken).


Tassen mit Rassen kann man übrigens kaufen. Mehr zu Schafstassen hier (driftwool.de).


* Korrektur: Die Rasse heißt Manech tête noir! Zum Glück war diese Tasse eine Spezialanfertigung und meine falsche Schreibweise wurde noch rechtzeitig korrigiert!

***


Dieser Blogbeitrag wurde zusammen mit der roten Henne (aka der rote Raptor) geschrieben:






Mittwoch, 2. Oktober 2019

3. Oktober - Nationalstolz - wir haben aber sowas von den coolsten Nationalfeiertag!

Nationalfeiertag. Andere hüllen sich da in ihre Nationalflagge, singen inbrünstig die Hymne und sind ganz furchtbar stolz auf irgendwas. Ihren Pass oder so. 
Wir... sind eher nicht so stolz. Die einen sehen in ihrer Nationalität nix zum Stolz sein, die anderen sind ganz fürchterlich stolz und sagen das auch aber hinterher kommt 'darf man ja nicht sagen'. So ein Pfeffer! Meinungsfreiheit geht hier bei uns deutlich weiter, als die moralische Schmerzgrenze. Oder auch einfach die Spaßgrenze.

Also ich bin ganz, ganz fürchterlich stolz. Nicht darauf, deutsch zu sein. Ich würde meinen Pass auch eintauschen. Um Theresa May zu praphrasieren: Ich hätte gerne nicht nur einen EU Pass (was sie mit "citizens of nowhere" verunglimpft hat - für die, die von ihren Reden weniger mitbekommen haben) sondern einen "Citizen of everywhere" Pass.

Ich heiße mit Nachnamen Böhme. Das bedeutet, ein Vorfahre kam mal aus Böhmen woandershin und war dann halt "der Böhme". Böhmen ist in der Tschechischen Repubik. War aber mal Österreich Ungarn. Deutsch war's auch mal. Kriege, Hochzeiten und sicherlich auch die ein oder andere Wettschuld haben Grenzen verschoben.
Ich hab also irgendwie mehr oder weniger zufällig diesen Pass.
Und ich bin stolz.
Ich bin stolz auf die Leute in Deutschland. Auf uns. Dabei gibt es hier durchaus so einige, die ich für Volldeppen halte. Für die schäme ich mich und manchmal habe ich Mitleid.

Buhuhu wir dürfen nicht stolz sein, weil da diese "Geschichte" ist? Auf die kann man nun echt nicht stoz sein. Unser Umgang damit ist aber gar nicht sooo schlecht!
"Was haben wir da für eine Scheiße gebaut!" Reflexion, lernen, wachsen. Besser machen!
Anderen Nationen fehlt das ein bißchen...
Die weniger heldenhaften Taten der Vergangenheit werden gerne ausgeblendet und sind ja eh vergangen...
Ein Fliegenschiss in der Geschichte? Von wegen!

Ich bin jetzt hier mal ganz öffentlich stolz! Wir haben nämlich den coolsten Nationalfeiertag! Von allen!
Es gibt immer ein paar Reden von Politikern und alle (fast) haben frei.
(Da mal ein keines "Danke" zwischenrein an die, die nicht frei haben. Bauern, die... irgendwas machen, damit es auch nächstes Jahr wieder wächst; Busfahrer, die uns zu unseren Ausflugszielen kutschen; Rettungssanitäter, die uns aufsammeln, wenn bei unserem Freizeitspaß was schief geht.... )

Wir hauen uns an diesem Tag nicht selber oder gegenseitig auf die Schulter ob unserer wahnsinns Leistung.
Dabei gäbe es da einiges zu feiern! Erfolgreiche Wirtschaftsnation, recht gutes Sozialsystem, halbwegs funktionierende Demokratie (mehr politische Bildung wäre nicht schlecht aber das nur so am Rande):
Das ist schon was! Haben wir auch alle irgendwie unseren Anteil dran.
Und dann ist da noch 'Landschaft'. Haben wir auch einiges zu bieten. Und lustige Gerichte, regionale Bräuche, echt witzige Dialekte. Sagengestalten vom Feinsten:
Der Haarlecker aus der Pfalz, der nachts ein beklemmendes Gefühl in der Brust macht, weil er draufsitzt und der uns mit nassen Haaren aufwachen läßt. 
Rotkäppchen, die seit der Rückkehr der Wölfe wieder in aller Munde ist. Radagast der Braune aus dem Herrn der Ringe basiert auf einer slawischen Figur "von hier". Radeberg heißt nach dem. Also ist Radeberger Bier quasi ein Zaubertrank! 
Ein Prost auf unsere coole Sprache! Weltschmerz, Kopfkino, Fremdschämen!

Könnte man alles mal feiern.

Aber was 'wir' aus diesem Tag gemacht haben, ist der Hammer! Hintenrum irgendwie...

Ein freier Tag. Meist sogar mit nettem Herbstwetter. Großartige offizielle Feierlichkeiten gibt's nicht wirklich. Schulterklopfen für unseren Pass oder... irgendwas Obskures finden wir seltsam.  Also machen wir 'was Schönes'. Mit Freunden.
Seit ich auf Facebook bin, sehe ich abends am 3. Oktober immer Posts von Leuten, die genau das gemacht haben. Was Schönes mit Freunden. Und ganz oft sind das Ost-West Freundschaften. Oder auch solche zwischen Leuten mit verschiedenen Pässen.
(Manche reflektieren auch, wie ihr Leben so gelaufen wäre, würde die Mauer noch stehen.) 
Witzig übrigens, dass es Ost-West ist. West-Ost klingt doof. Dabei lesen wir von links nach rechts und auf der Landkarte ist Westen links. Aber im Osten geht die Sonne auf.... mmmhhhh)

Ohne Tamtam, ohne Ansage und ohne offiziellen Status haben wir einen 'Tag der Freundschaft' geschaffen.

Wir haben ja nix, worauf wir stolz sein können? Oh doch! 
Wir haben uns gefunden. Und wir starten jeden Tag neu. Von hier. Mit Lektionen aus der Vergangengenheit und Visionen für die Zukunft!
Miteinander! 

Leute: Macht was draus! Einfach nur "was Schönes". 

Was ich auch genial finde: Ich habe gerade googe fotos befragt nach einem Bild für diesen Beitrag. Suchbegriff "Grenze": Null Treffer! Dabei habe ich schon mal (psssst!) während der Fahrt fotografiert, als ich die Grenze nach Polen, in die Niederlande, nach Dänemark und in die Tschechei überquert habe. Weil ich es so geil finde, dass da nur steht, wie schnell naml fahren darf. Und ich finde es super, in "einem anderen Land" zu sein! Zum Thema Freundschaft hat der Algorithmus mir unter anderem dieses gebracht:

Die Freiwillige Feuerwehr Goldbach (?) beim Hexenbrennen



Genießt Eure Freunde! Habt Spaß!