Sonntag, 11. November 2018

Rassestandard Skudde - großartige Neuigkeiten!

Eine gute Skudde hat keine falsche Farbe mehr!

Warum ist das eine wichtige Neuigkeit? Was sind überhaupt Skudden? Was bedeutet so eine Änderung und warum freue ich mich darüber?

Die Fakten: Der VDL - der Verband deutscher Landesschafzuchtverbände - hat Anfang September 2018 beschlossen, den Rassestandard der Skudde zu ändern. Es sind nun alle Farben zugelassen.

Es liegt nun an den einzelnen Verbänden, ob sie diese Änderung übernehmen. Oder nicht. Der Schafzuchtverband Berlin-Brandenburg beispielsweise hat die Änderung im Oktober übernommen.

Der erste gekörte Bock in einer "Sonderlackierung":
Atilla, aus Herdbuchzucht in Sachsen. Gekört in Brandenburg mit 8/7/7 (Wolle, Bemuskelung, Erscheinung). Light Badgerface

Skudde light badgerface
Light Badgerface, Skudde, gekört 2018


Skudden

Skudden sind die kleinste deutsche Schafrasse. Ursprünglich in Ostpreußen zu Hause, sind sie heute beliebte Schafe bei Hobbyhaltern und in der Landschaftspflege. Sie sind eine alte Rasse. Das Schaf des kleinen Landmanns und vermutlich auch eines der Schafe der Wikinger.
Und schon tausende von Jahren vorher gab es Schafe dieses Typs.
Sie sind Kulturerbe und als alte Rasse eine wichtige Genreserve.
Daß sie so klein sind bedeutet nicht, daß sie eine Zwergzüchtung sind. Sie haben einfach noch die Größe, die Schafe früher (ganz früher) hatten.
Daß sie klein sind bedeutet aber, daß sie als Fleischrasse unwirtschaftlich sind. Ihre Mischwolle ist für industrielle Verarbeitung nicht interessant.
Dadurch sind sie selten geworden. Sie sind eine gefährdete alte Nutztierrasse und in einigen Bundesländern wird ihre Haltung gefördert.

bunte Skudde im Herdbuch
Rehlein. Im Vorbuch eingetragen


Der Standard

Der Standard der Skudden ist relativ jung. So ca. 50 Jahre ist er alt.
Mit der Erstellung eines Standards können verschiedene Züchter gemeinsam auf ein Zuchtziel hinarbeiten. Vereinfacht gesagt: Man einigt sich, was man will und hat ein definiertes gemeinsames Ziel.  Geschulte Leute der Verbände überprüfen die Tiere und bewerten sie danach, wie nah sie diesem Idealbild kommen.
Die Zucht nach Standard und im Verband ist generell eine eher neue Erfindung. Die frühesten Standards stammen aus dem 19. Jahrhundert.

Ein Standard beschreibt ein Ideal. Ein Ziel. Er beschreibt nicht, was existiert. Sonst müßte man nur einfach Schafe vermehren und nicht gezielt züchten.
Bei "neuen" Rassen sind das meist wirtschaftliche Ziele. Da will man mehr Fleisch, feinere Wolle, mehr Lämmer pro Muttertier... Man legt also Ziele fest, die man zukünftig erreichen will.
Bei alten Rassen ist das etwas anderes. Da will man etwas Altes bewahren. Trotzdem spielen da Ziele mit hinein. Manchmal versucht man zu erraten (oder aus Quellen abzuleiten), was die früheren Züchter dieser Rasse wohl für Ziele hatten.
Standards sind wie gesagt Zielbeschreibungen. Manchmal müssen die angepaßt werden. Zum Beispiel, weil die Beschreibung der Ziele nicht eindeutig ist.
Bei Skudden stand früher im Standard, daß sie kleine Ohren haben. Jetzt sind die Ohren laut Standard mittelgroß.
In Punkto Farbe hat der Standard weiße und ungescheckte, einfarbig  braune und schwarze Tiere zugelassen. Wohlgemerkt als ZuchtZIEL. Nicht als Beschreibung der existierenden Farben.
Jetzt läßt der Standard alle Farben zu!

bunte Skudde im Herdbuch
Ophelia, im Vorbuch eingetragen mit gekörtem Deckbock

Vorteile der Änderung

Meiner Meinung nach sollten bei einer alten Rasse - Kulturerbe und Genreserve - auch alte Farben erhalten werden.
Das war im Herdbuch bisher nicht möglich. Die Freunde "bunter" Skudden haben außerhalb des Herdbuchs gezüchtet.
Die Farbvielfalt der Skudden ist faszinierend! Eine solche Vielfalt hat keine andere einheimische Rasse.

Einige Farben sind sogar einzigartig! Die haben hier bei uns nur Skudden. So zum Beispiel "light badgerface". Das sieht auf dem ersten Blick der Farbe eines Kamerunschafes ähnlich, ist aber ein anderes Agouti Allel. Sie sind eindeutig von braunmarkenen Kamerunern zu unterscheiden.
Die nächsten Verwandten mit diesen Farben findet man auf den norwegischen Inseln bei den alten Villsau. Andere Farben findet man in Shetland, Schweden, Finnland, dem Baltikum....  Ein faszinierendes Erbe, das Skudden über lange Zeit bewahrt haben!

Der Genpool der herdbuchgeführten Skudden wird größer, wenn dieses Erbe nicht als Fehler ausgeschlossen wird.

Auch für die Verbände selber ist es vorteilhaft, diese Tiere nicht auszuschließen. Bisher konnten Tiere mit der falschen Farbe nicht in die Zucht. Egal wie gut sie waren. Die beste Skudde aller Zeiten wäre aufgrund der Farbe ausgeschlossen worden!
Und: Die Verbände haben mit der Farbe nicht nur die Tiere ausgeschlossen sondern auch die Leute, die gerade diese Tiere mögen.

Ein anderer Vorteil: Viele potentielle Mitglieder. Das sind nicht nur Mitgliedsbeiträge sondern auch "Stimmen". Es gibt wesentlich mehr Hobbyzüchter als Berufsschäfer. Die Verbände vertreten ALLE Schafhalter. Mehr Mitglieder bedeuten mehr Gehör - auch in politischen Fragen. Unsere Schäfer sterben aus! Unsere Hobbyhalter machen sich stark für ihre Kollegen, die das (haupt-)beruflich machen.
Und die Hobbyhalter profitieren vom Fachwissen, das die Verbände vermitteln.

Skudde light badgerface
Serafina, gekört mit 8/7/6. gescheckte lght badgerface Skudde

Die Bedeutung für die Zukunft

Der VDL hat den Grundstein gelegt dafür, daß mehr Skuddenzüchter im Verband züchten. Zum Vorteil für alle. Verband, Züchter und vor allem für die Skudden!
Mich freut natürlich sehr, daß der Brandenburger Verband die "bunten" aufgenommen hat! Diese Farben sind "alt" und "echt Skudde". Teil des Erbes.
Was jetzt anders ist, ist ihre Aufnahme in das Zuchtziel. Mit der klaren Vorgabe der Dokumentation! DAS finde ich wichtig!
Farbgenetik ist relativ einfach. Ein Schaf in einer bestimmten Farbe zu züchten, ist ein Klacks gegen die Herausforderung, eine gute Skudde zu züchten!
Wenn bestimmte Farben nicht zugelassen werden, werden sie auch nicht dokumentiert. Sie landen bei Skuddenfreunden außerhalb des Herdbuchs oder in der Truhe. Man kann schwerlich nachvollziehen, wer da was vererbt. Sind alle eingetragen, kann jeder züchten, was er mag. Die Informationen sind da.

Allerdings funktioniert Zucht im Verband als Konsens. Der Standard beschreibt nicht, was existiert sondern das, was man sich als gemeinsames Ziel setzt. Die Gemeinschaft der Züchter legt das fest. Gemeinsam.
In Sachsen wurde entschieden, vor allem weiße Skudden zu züchten. Braun und schwarz (einfarbig ungescheckt) ist zugelassen aber nicht das Ideal. Ich finde das schade aber mir gefällt die Begründung, die ich im persönlichen Gespräch auf der Körung erhalten habe:
Wir wollten das so.
Das ist OK. Keine Argumente wie "die Wollindustrie will weiße Wolle" (Ja. Aber keine Skuddenwolle. Kostendeckend kann man Skuddenwolle nur an Faserkünstler verkaufen und DIE wollen oft lieber bunt!)
Oder: "Das war schon immer so" (Stimmt nicht. Die allermeisten Quellen sprechen von melierten und gescheckten Tieren. Braun allerdings wird nicht erwähnt. Das gab es ganz sicher auch "schon immer" aber so selten, daß es nicht erwähnt wurde. Trotzdem sind sie im Standard. Und das ist richtig so!)
Zu sagen, daß man das als Zusammenschluss von Züchtern halt so will, ist OK für mich. Anders hätte ich besser gefunden. Aber DIE züchten ja Skudden. In DIESEM Verband. Die müssen das zusammen festlegen.

bunte Skudde im Herdbuch
Sofi, im Vorbuch. 
Weil Zucht im Herdbuch immer eine GEMEINSAME Zucht ist, ist die Beteiligung der Züchter wichtig! 
Was auch bedeutet, daß Züchter ihre Meinung sagen sollten! Gerade die, die NICHT im Verband sind aber dort durchaus Vorteile sehen (wie die Beurteilung der Tiere durch Experten und die Beratung durch Zuchtleiter) sollten jetzt vielleicht Kontakt aufnehmen. Falls sie bisher vor allem dadurch von Herdbuchzucht abgehalten wurden, daß sie eben die bisherigen Fehlfarben besonders gut finden. Das könnte zukünftig kein Hinderungsgrund sein. 
Verbände müssen aber wissen, was die Mitglieder (und potentiellen Mitglieder) wollen! Es geht ja nicht darum, daß ein Verband irgendetwas will, was die Mitglieder ausführen müssen. Wofür sie dann auch noch zahlen. Es ist ein Zusammenschluß von Züchtern. Die von der Erfahrung von Experten profitieren.  


Alle Bilder auf dieser Seite sind von Sigrid Heilmann, in deren Besitz die Tiere sind.

1 Kommentar:

  1. Guten Morgen, das sind ja tolle Neuigkeiten. Auch ich habe mir extra 6 bunte Skudden gesucht und zum Glück gefunden. Mag das verarbeiten dieser bunten Wolle. Und dadurch das sie standorttreu sind, diese geeignet sind für meine Weide-pflege. Dachte allerdings bisher nicht dran, mich als Züchter auszugeben, da ich Neuling bin und null Ahnung davon habe. Schön fände ich es, endlich jemanden ansprechen zu können. Und wer weis, vielleicht sind meine Tiere ja wirklich züchterisch interessant fürs Herdbuch und zur Weitergabe, falls frisches Blut benötigt wird. Wird mir ja auch in 1-2 Jahren so gehen..Freue mich über weitere Informationen.

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