Dienstag, 7. Juli 2015

Schur die dritte

Die allerersten Leute, die ich vor meiner Reise kontaktiert habe, waren die Leute von foulawool.
Abgelegene Insel und "altmodische" Schafe klingt einfach toll. Nun bin ich hier und es ist wirklich toll!
Magnus hat das Croft und die Schafe von seinem Vater geerbt. Vor dem Lebenswerk des Vaters hatte er natürlich Respekt aber die Anzahl Schafe schrumpfte bald auf dreißig. Schlachttiere verkaufen ist für ihn keine Option, weil der Transport zum Markt (mit den zwei Stunden wilder Bootsfahrt) echt beängstigend für die Tiere sein muß. Der Eigenbedarf ist so groß auch nicht. Also eine kleine Herde aus Sentimentalität. Die Wolle wurde anfangs auf's Festland verkauft aber mit dem Transport war das nicht gerade "ein Geschäft". Bunte Wolle bekommt eh nicht den besten Preis und die mischwolligen Vliese sowieso nicht. Ein Haufen Arbeit für'n Appel und 'n Ei. Plus das Gefühl, da irgendwie über'n Tisch gezogen zu werden....
Da kommt man besser, wenn man die Schafe schert, die Wolle auf 'nen Haufen stapelt, Benzin draufschüttet und den ganzen Schamodder verbrennt.

Das war so die Routine. Bis Magnus seine Lebensgefährtin kennengelernt hat und die beim Scheren geholfen hat. Ich kann es mir bildlich vorstellen....."So! Fertig! Jetzt zünden wir den Krempel an und dann ist Ruhe für ein Jahr! Reich mir mal den Kanister!" "Wir machen WAAAS????"
Justyna konnte nicht glauben, daß Wolle nix wert sein soll. Als Strickerin kannte sie die Preise im Wollgeschäft und das ist nicht gerade "nichts". Die Überzeugung, daß da ein Wert in den Tieren und ihrer Wolle ist, gepaart mit Inselbewohner-Dickschädel, hat Foulawool ins Leben gerufen.

Magnus und der schönste Trecker von Foula
Das ist ein solches Bilderbuch-Heile-Welt-Produkt, daß man es fast gar nicht glauben kann. Aber da ist tatsächlich diese abgelegene Insel mit ihren altertümlichen Schafen, der Crofter, der seine Schafe (und die von ein paar Nachbarn) mit der Handschere schert und der die Wolle anschließend nach Farbtönen sortiert nach England schickt in eine uralte Spinnerei (die ich auch unbedingt noch besuchen will), die daraus tolles Garn in tollen Naturtönen macht. Perfekt für Fair Isle stricken.




Das ist echt ein Garn mit Charakter. Wobei "Charakter" keine Umschreibung für kratzig ist! Das Garn ist sogar weicher, als ich erwartet hätte und wirklich toll.

Die FoulaWool Farbpalette

Das Feedback von Kunden ist großartig und der wiedergewonnene Wert der Wolle sichert auch das Fortbestehen der einzigartigen Foula-Schafe in ihrer faszinierenden Vielfalt. Um diese "altertümlichen" Shetlandschafe zu erhalten ist es wichtig, daß ein gewisser Bestand erhalten bleibt. Sinkt die Zahl der Schafe auf der Insel rapide, geht ein Teil der Vielfalt für immer verloren. foulawool schafft einen Wert (wenn auch nur einen kleinen) für diese "leidenschaftlich unabhängige Inselgemeinschaft" und ihre kleinen Schafe. (Vielleicht müßte es auch "gnadenlos unabhängig heißen".... "fiercely independent" - beeindruckend und einzigartig. Menschen, Insel, Schafe)

Eine Strickjacke aus FoulaWool zum Open Day in der Schule

Einen kleinen Einblick in die Vielfalt von Magnus Schafen habe ich zur Schur bekommen. Wir haben ein paar Tage lang immer mal geschoren. Magnus mit "gefesseltem" Schaf auf dem Tisch, ich "neuseeländisch" auf dem Boden. 
Perfekte Gelegenheit, die Farben und Wolltypen kennenzulernen. Geredet haben wir auch. Meist über Schafe....
Am letzten Tag war's dann irgendwie vertrackt.... da gab es keinen Stopp.... einen Teil der Schafe im Stall lassen wär blöd - die Lämmer, die wir alle mit eingesperrt haben, kriegt man nie zusortiert zu den geschorenen Schafen draußen und den wartenden drinnen. Außerdem würden die Schafe in der ollen Einstreu ganz mistig werden..... Also haben wir geschoren. Und geschoren. Allerdings wird es selbst in Shetland im Sommer irgendwann dämmrig und die schwarzen Schafe mußte man fast im "Blindflug" scheren. (Nein, Licht gibt's nicht im Stall).
Also erst die schwarzen, dann die Muttern mit Lämmern und dann den Rest. Bei unserem "Rennen gegen die Dunkelheit" (klingt fast wie in einer Vampirgeschichte - vor Sonnenuntergang muß man in der Wirtschaft sein! Ja nicht in der Burg um Unterkunft bitten!) war irgendwann die Luft raus  ..... Eindeutig daran erkennbar, daß der tiefenentspannte Magnus nicht mehr jedem geschorenen Schaf, das er durch das kleine Türchen rausläßt, ein euphorisches "Freedom!" hinterherruft!
eines der vielen feinen Vliese - komplett gerauft
Ein paar Vliestpyen. Rechts ist die Mischwolle von ganz links nochmal - "auseinandergenommen" 



Hütehund Arrow überwacht die Schur von Pennys Schafen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen