Samstag, 4. Juli 2015

Am Rande der Welt: Foula

Foula gilt als die abgelegenste Insel Shetlands. Wenn man auf Google Maps "Foula" eingibt, sieht man eine kleine Insel. Und sonst nichts. Um die Lage der Insel herauszufinden, muß man rauszoomen. Nach ein paar Rauszoom-Clicks sieht man im Osten Land. Shetland. Auch schon recht abgelegen. Weiteres Rauszoomen bringt Orkney auf den Bildschrim und evtl. Bergen. Der erste Ort, der den meisten Leuten "bekannt" ist und der nächste Bahnhof zu Shetland
Foula hat keinen Shop. Und keinen Pub. Was schon mal verdeutlicht, daß man hier nicht in Irland ist! Bei 30 Einwohnern hätte eine irische Insel vermutlich 3 Pubs.
Das mit dem Shop ist aber bedeutender. Was man auf Foula essen, trinken oder einfach haben möchte, das muß man mitbringen!
Wie ich ja schon auf den Hebriden gelernt habe, ist es für Inselbewohner immens wichtig, Anschluß zu haben. Je bequemer man auf's Mainland kommt, desto einfacher wird das Leben auf der Insel.
Auf Foula ist nix einfach. Um einen täglichen Flug nach Tingwall möglich zu machen, haben die Bewohner kurzerhand eine Landebahn gebaut. (Nicht gestern. In den 70ern.)
Ein täglicher Flug bedeutet aber auch, daß Tagestouren nicht möglich sind. Was vielleicht einige Touristen von einem Besuch abhält. Aber vor allem hält es die Bewohner davon ab, Handwerker zu holen für "kleinere" Jobs. Probleme mit dem Wasserrohr? Jemanden für zwei Tage bezahlen plus Unterkunft, Verpflegung und Flug? Oder erstmal selber probieren und improvisieren?  
Dinge, die man braucht, haben ihren Preis vervielfacht, bis sie hier sind. Da denkt man einmal mehr drüber nach.... anderes muß man einfach selber produzieren. Wie Strom.
Laut Magnus, meinem Vermieter, sind die Bewohner Foulas (die, die hierbleiben) alle Sturköpfe, die sich durchbeißen. Muß man sein. Magnus ist (Ersatz-)Skipper auf der New Advance, die als Fähre alle zwei Tage zum Festland (Shetland) fährt und Schafzüchter und Wollproduzent und Vermieter eines Ferienhäuschens und natürlich ist er nebenbei noch Elektriker, Mechaniker, Klempner, Autoschrauber und was man halt sonst noch so sein muß. Meistens einfach "Erfinder".
Was die Leute nicht sind, ist "Manager" oder "Kommunalpolitiker". Was die Leute auch nicht sind, ist risikofreudig. "Och klar, probieren wir! Wenn's schief geht, geht's schief!" - das geht hier nicht. Wenn hier was schief geht, dann in richtig großem Maßstab. "We are always on the brink of desaster" sagt Magnus, "but desaster never strikes".
Es gibt Töpfe mit Geld in Brüssel für "benachteiligte" Regionen. Auf Foula hat man kein Problem damit, die Benachteiligung der Region zu beweisen aber mit den Geldtöpfen kommt hier keiner vorbeigefahren und schüttet sie auf den Pier. Also fuchst man sich über's Internet in die Fördermöglichkeiten ein und versucht dann, Projekte sinnvoll zu konzipieren. Der "Google-Kurs in EU-Förderpolitik" wird dann also abgelöst durch eine autodidaktische Lektion in z.B.  Elektroingeneurswesen. Dann wird man doch kurz zum Kommunalpolitiker und anschließend zum Projektmanager.
Gerät man dann an eine Firma, die eine Chance sieht, den eigenen Bankrott abzuwenden durch den Verkauf von ungeeigneten Windrädern (oder den Verkauf von "irgendwas"), dann hat man schnell ganz schlechte Karten... (Und ein paar nutzlose Windräder!)

Shetland Schafe

Will man Foula besuchen, kann man in einer Viertelstunde von Tingwall aus herfliegen. Ich empfehle für den Hinweg die Fähre! Die New Advance ist ein kleines Boot mit Platz für eine handvoll Passagiere. Sie fährt alle zwei Tage von Walls, einem kleinen Hafen im Westen des Mainlands. Dahin schleppt man erstmal sein Gepäck und essen für die Zeit auf der Insel Bei Bedarf noch Hundefutter für die Zeit auf der Insel, Musikinstrumente, Kamera, Schafschere und 'ne Flasche sächsischen Wein für die Vermieter. Die Unterkunft muß man rechtzeitig buchen. Es gibt zwei Ferienhäuser auf Foula und die sind meist ausgebucht. Die Vogelbeobachter kommen hier genauso zuverlässig her wie die Seevögel....
Das ganze Gepäck wirft man dann vom Pier aus der Besatzung entgegen. Den Hund und die Concertina reicht man etwas vorsichtiger runter. Und dann bekommt man zwei Stunden lang hautnah zu spüren, wo Foula liegt und was abgeschieden bedeutet.....
"Wenn Dir komisch wird, guck auf den Horizont!" Den Tipp hab ich einmal - auf einer großen Fähre - befolgt. Boah, war mir da schlecht! Man KANN nicht auf den Horizont gucken, wenn der immer mal am Fenster vorbeikommt. Mal von unten nach oben, dann von oben rechts nach unten links, um dann wieder von unten rechts nach oben links zu verschwinden!
Mein Tipp für große Fähren: Direkt an die Bar und ein Bier bestellen! Auf der New Advance gibt es keine Bar. Der einzige andere Passagier war ein jungscher Wanderer, der Shetlands einzigen richtigen Berg (den Sneug auf Foula) besteigen wollte. Der hat das wilde Geschaukel solange verschlafen, bis es ihn mit Schwung gegen die Wand gedonnert hat! Aber Schlafen ist auch eine gute Strategie. Augen zu und sofort lief im Kopf ein "Soundtrack". In diesem Fall ein irisches Wiegenlied, was mir gleich nochmal amüsante Bilder dazu geliefert hat über die Art Wiege und die Art Eltern (ganz bestimmt der Vater) die zu den Bewegungen passen würden....
In Foula angekommen, wird entladen. Passagiere klettern eine Leiter hoch, Hund und Gepäck werden mit Schwung hochgereicht. Dann setzt der Skipper den Kran auf dem Pier in Gang und entlädt die Fracht. Tonnen mit Diesel, ein großer Tank für den Stromgenerator und Big Packs mit Baumaterial. Dann wird aufgeräumt. Die New Advance wird aus dem Wasser gehoben und in ihr "Regal" gepackt wie ein kleines Spielzeugboot. Auch im Sommer gibt es hier Wetter, das ein Boot im Hafen nicht ohne weiteres überleben würde. 
Die New Advance in ihrem "Regal"

Währenddessen kann man als Passagier die alten Karren in Augenschein nehmen, die am Hafen stehen und nun wirklich, wirklich, ganz bestimmt am Ende ihrer Tage angekommen sind. Die Fahrzeuge, die davon noch weit entfernt sind kommen derweil angeklappert und die Besitzer holen sich das Zeug ab, was für sie auf der Fähre war.
Inseln ohne Autofähre haben einen etwas anderen Standard, was die Funktionstüchtigkeit von Fahrzeugen angeht. Man braucht auch gar nicht allzuviele Teile, um zu fahren. Und erstaunlich viele von den Teilen, die man wirklich braucht, können mit Strick oder Gaffa besfestigt werden, ohne die Funktionstüchtigkeit (Foula Standard) zu beeinträchtigen!

Burns Cottage

Meine Unterkunft ist Burns Cottage. Ein urgemütliches Haus ungefähr in der Mitte der Insel, ohne Nachbarn in Sichtweite. Dafür aber jede Menge Foula Schafe rund ums Haus. Herrlich!

Blick von der Westseite runter auf den Hafen



Bonxies
Bonxies und Moorlöcher


4 Kommentare:

  1. Danke für die wundervollen Bilder und den wieder lesenswerten Bericht!
    Marled

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  2. Danke! Es kommen jetzt wieder öfter Beiträge und bestimmt noch viele, viele Bilder von Foula!

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  3. Es ist so toll, dass und vor allem wie du uns teilhaben läßt an deiner Reise. Die Bilder kann ich stundenlang angucken, aber vor allem freue ich mich über die Berichte aus erster Hand, einfach toll.
    Das Wetter sieht ja eigentlich ganz nett aus. Aber es weht bestimmt ständig ein sehr kräftiger Wind, oder?

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    1. Das Wetter ist super! Oft Sonne, oft Nebel, kaum Regen. Es gab sogar einen Tag mit T-shirt-Wetter! Windig ist es immer aber für Shetland-Verhältnisse ist es fast windstill. Im Herbst und Winter ist das wohl 'ne ganz andere Nummer....Such mal die "Beaufort scale revised by shetlanders"! :)

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