Freitag, 29. November 2019

Die Geschichten sind schon da...

Ich war heute mal kurz abgelenkt... Mit Hans der Gans.
Hans ist die mutigste Gans auf dem ganzen Bauernhof und der Star in einem Kinderbuch von Conny Hahn, für das ich die Illustrationen gemacht habe. Das Buch ist super! Echt! Wir müssen nur noch rausfinden, wie man ein Pappbuch in Farbe zu einem einigermaßen bezahlbaren Preis drucken lassen kann.

Heute hat Hans mir eine andere Geschichte erzählt. Und ich bin begeistert, wie sich eine Geschichte auch in Bildern entwickelt...
Meine erste Idee war: Hans im Winter. Und ein gruseliger Schneemann (ich hab nicht wirklich an "Kinderbuch" gedacht...)

So sieht er aus:

Steht plötzlich da. Und dann woanders....

Also genau das Buch, dass man mit seinen Kindern anguckt, wenn man im Winter ne kleine Holzhütte mitten im verschneiten Wald gemietet hat und alles... seltsam ist. Komische Geräusche, Lichter in der Dunkelheit....

Aber Hans ist ja die mutigste Gans auf dem ganzen Bauernhof...  ob er mutig genug ist?


danach hab ich dann überlegt, wie die Geschichte gehen könnte... Ist er mutig genug und besiegt den fiesen Schneemann? "Stell Dich Deinen Ängsten" blablabla...?

Da kamen keine Bilder... erst das nächste:


und das geht für alle möglichen Geschichten. Er hat ihn besiegt! Oder der Frühling hat alle gerettet... oder ganz anders... 
Ich mag, wie die Bilder kamen. Ohne nachzudenken. Weil die Geschichte da war...



Ich werde wohl niemals schaffen, eine wirklich gruselige Geschichte zu schreiben (oder zu zeichnen)...
Natürlich war der Schneemann ein Arsch - aber kein Monster und er wird Hans Freund und dann kommt der Frühling... und man lässt Freunde nicht in Stich!

Mittwoch, 20. November 2019

Auf den Spuren der Wikingerschafe - das Buch

Schafe - vor allem die nordischen - finde ich ja ganz interessant. Warum gibt es die überhaupt noch, die alten Rassen? Wie sieht es da aus, wo sie zu Hause sind? Warum hält man die noch? Wer tut das?
Gehe ich doch mal gucken.

Das war so die Überlegung, bevor ich mich für ein halbes Jahr auf die Reise gemacht habe. Mit Pocketcamper, Hütehund, Schafschere und Flute.

Einfach mal gucken. So ist auch dieser Blog entstanden (mehr in der Kategorie Reise)
Ich hatte Spaß, ich hab viel gelernt und ich schreibe gerne. Mache ich doch ein Buch draus!



Das habe ich tatsächlich gemacht. Ein Buch über die nordischen Schafrassen, die ich in ihrer Heimat besucht habe. Ich habe viel recherchiert zu Domestikation, zur Geschichte der Schafe (die unsere weit mehr beeinflusst hat, als man so denkt), aktuellen Forschungen über ihre Genetik, ...
und dann habe ich gemerkt, dass ich mich selber damit langweile!

Ja: Das war eine Reise zu den Schafen. Und eine Reise in unsere gemeinsame Geschichte. Aber was es eigentlich war, war eine Reise zu den Menschen!

Menschen auf abgelegenen Inseln vor allem in Schottland (und später auch in Norwegen). Eine Reise, auf der der "Arsch der Welt" zum Mittelpunkt wurde. An dem die Menschen ihre Türen öffneten, um mit leuchtenden Augen über Schafe zu reden.

Also habe ich das Buch neu konzipiert, so wie es "richtig" ist. Für mich.
Es ist eine Reise. Zu Menschen, zu Schafen, in grandiose Landschaften und auch zu mir selber.
Ich hab alles umgeworfen und es so gemacht, wie es für mich "rund" ist.






Von Agenten habe ich tolles Feedback bekommen aber leider auch gehört, dass es dafür keinen Markt gibt. Schafe sind ja eher ein Nischenthema und die Mischung mit Reisegeschichten macht es nochmal schwieriger. Das kann man nicht so einfach in den Buchladen stellen, weil es dafür nicht EIN Regal gibt.
Reisebuch oder Sachbuch Schaf?

Es ist beides und es MUSS beides sein. Man kann Schottland und seine Inseln nicht wirklich erleben, wenn man nichts über die Schafe weiß. Man kann die Schafe nicht verstehen, wenn man nichts über die Landschaft weiß, aus der sie stammen, über deren Geschichte und die Menschen dort.

Für die großen Verlage ist das keine sinnvolle Investition.
Selber verlegen? Klingt einfach aber da gibt es ein paar Haken. Selber verlegen bedeutet selber machen bzw. sich die Expertise besorgen, die man braucht. Lektorat, Buchsatz, Cover...
Das geht. Aber: Es gibt kein Team, keine Deadline die man nicht nach Lust und Laune verschieben kann, kein Feedback, keinerlei Vorgaben oder Erfahrungswerte, keinen Tritt in den Hintern und kein Lob für Erreichung von Zwischenzielen. Keine Bestätigung, dass das richtig ist und gut und wichtig.

So wie es jetzt ist, stecken da schon Jahre drin! Mit Zeiten, in denen ich euphorisch recherchiert und geschrieben habe und langen Pausen, in denen der Berg zwischen erstem Manuskript und fertigem Buch unerklimmbar schien. Immer mit der Hoffnung, vielleicht doch einen Verlag zu finden, der das Buch darüber trägt. Ich habe mein Exposé aber gar nicht weiter an Verlage geschickt... und von alleine klopfen die einfach nicht an meine Tür...

Jetzt ist die Entscheidung gefallen: Ich mach das. So wie es sein muss!
Und ich werde darüber immer mal hier berichten. Ich sehe das als eine Art crowdfunding. Nur nicht mit Geld sondern mit Motivation und Begeisterung, die sicherlich auf dem Weg immer mal knapp werden.


Freitag, 1. November 2019

Outrage Porn oder: Wer das teilt, ist doof!

Wir haben ein paar ziemlich dufte Wörter! Kopfkino, Fremdschämen, Verschlimmbessern,...
für "outrage porn" habe ich noch keins gelesen, was so richtig passt... Übersetzt ist das "Empörungspornografie". Vielleicht auch eher "Empörungsgeilheit".
Vielleicht haben wir deshalb kein Wort, weil uns das gar nicht so auffällt....

Wem das noch nicht aufgefallen ist und wer sich jetzt fragt, was DAS denn sein soll:
Outrage Porn gibt es schon lange. Aber mit dem Internet und den sozialen Netzwerken hat es Fahrt aufgenommen: Leser generieren, die voll auf ein Thema abfahren und Beiträge teilen und weitere Leser generieren. Super Sache! Reichweite! Werbeeinnahmen. Influencen.

Wie funktioniert das nun?
Das ganze beruht auf Empörung. Also braucht  man ein Thema, das möglichst viele Leute emotional sehen.
In meiner speziellen Blase hat das lange mit dem Thema "Wolf" funktioniert. Das nehme ich mal als Beispiel. Ich suche mir also eine extreme These, die Empörung hervorrufen wird, formuliere die mit nicht zu vielen und nicht zu schwierigen Wörtern. Dazu ein emotionales Bild oder eine Grafik. Gerne mit Scheinkorrelation oder verzerrenden Spielereien mit den Einheiten meiner Achsen im Diagramm.

"Der Wolf ist gar kein Problem."
Dazu formuliere ich mehr oder weniger deutlich
"Die Schäfer sind nur zu blöd/ zu faul".
Das teile ich dann in einer Schäfergruppe.
So als Schafhalter fühle ich mich da beleidigt. Angepisst. Empört. Also kommentiere ich: "So ne Scheiße! Das kann doch nur ein naturentfremdeter Balkonbiologe sagen!".

Wut rausgelassen! Beleidigung zurückgespielt! Andere tun das auch. "Jawoll! Alle blöd!". Die Empörung ist so groß, dass dieser blöde, beleidigende Beitrag geteilt wird. "Guckt mal, wie bekloppt die sind!"

Damit habe ich schon mal Reichweite. Super Sache, wenn deshalb auf meine Seite geklickt wird. Selbst, wenn ich da gar keine Werbung geschaltet habe.
Aber Outrage porn hört da nicht auf! Ich lasse die Leute schön ihre Empörung in emotionalen und entrüsteten (und deshalb oft beleidigenden) Kommentaren entladen. Und DANN nehme ich diese Kommentare und teile die auf einer anderen Seite. Bei Wolfsfreunden beispielsweise.

Da lese ich nun auch. Also jetzt nicht "ich, der ursprüngliche Beitragsersteller" und auch nicht "ich, der empörte Schäfer" sondern jetzt "ich der Biologe (ohne Balkon)". Und ich fühle mich beleidigt. Die Kommentare sind flach und garstig. Dass die originale Botschaft flach und garstig war, sehe ich genausowenig wie die Schafhalter, die darauf angesprungen sind. Also lasse ich meiner Empörung nun auch freien Lauf mit einem Kommentar und teile fleißig um zu zeigen, wie dumm DIE sind...

So kann man ganz bequem mit EINEM dämlichen Beitrag Empörung und Konter-Empörung und vermutlich Konter-Konter-Empörung auslösen!

Und wir fallen da (fast) alle drauf rein! Ich bin da empört! Und oft bin ich über Beitrag UND Kommentare gleichzeitig empört!

Als Politiker kann man das auch super ausnutzen. Statistik zu irgendwas mit Bäumen. (Nicht mit Zahlen. Nur so Tortendagramme oder so. Schön plakativ). Dazu nen eingängigen Satz, dass ja damals auch "so ein Theater wegen Waldsterben gemacht wurde. Und? Isser gestorben? Ne! Hysterie!"




Das bringt mir ein paar "jawoll". Wenn ich es geschickt platziere, brauche ich selber gar nicht direkt beleidigen, dann reicht eine dumme Aussage wie diese und ein Kommentator schreibt: "Genau! Darf man ja nicht sagen. Da wird man vom linksgrünversifften Pack zensiert."
Et Voilà! Los geht's. Der ein oder andere wird noch zu erklären versuchen, warum die Aussage des Originalbeitrags Pfeffer ist aber garantiert schreibt auch jemand "Au man! Ihr seid alle so blöd!"
Ihr? Alle? Empörung! Bei allen! Und Konter-Empörung.
Als Politiker brauche ich gar nix weiter sagen. Die eine Gruppe der Empörten denkt, ich würde ihre Meinung vertreten. (Ich sag Schtonk, Du sagst Jawoll, der Typ dadrüben sagt deshalb zu Dir Blödmann. Also da müssen Du und ich ja wohl auf einer Seite sein! Und der ist unser Feind!)

Ich lese immer wieder, wer alles die Leute spaltet. Ganz schlimmer Vorwurf! Das Volk spalten! Pfui! Nur sind es meist die, die diesen Vorwurf machen, die Spaltung sehen (und säen), wo nur verschiedene Meinungen und Prioritäten sind.

Darauf nicht hereinzufallen, ist gar nicht so einfach... wir reagieren halt alle auf Beleidigungen beleidigt.

Ich hab mich bisher noch nicht verleiten lassen, beleidigende Kommentare zu schreiben. Ich lass mich aber gerne verleiten, die Aussagen zu googeln, Statistikseiten zu befragen, nachzurechnen. Und dabei bin ich gerne mal empört.
Wenn es richtig blöd ist, kommt man übrigens mit wenigen Rückverfolgungsschritten oft zur AfD. Auch bei Themen, die man gar nicht mit denen in Verbindung bringt und die sie jetzt gar nicht so auf der Agenda haben. Outrage Porn ist immer gut. Da sind se dabei...

Was also tun? Für den eigenen Seelenfrieden ist "weiterscrollen" ziemlich gut. Andererseits ist es gut, in Blasen zu pieken. Das sollte man aber nicht beleidigend machen - damit verhärtet man die Sache nur. Und nicht mit langem Text. Und auch nicht, wenn da schon uffdundruffzig voll depperte Kommentare stehen. Dann ist der Drops gelutscht. Aber bei solchen Beiträgen aus dem eigenen "Freundeskreis" kann man oft - am Anfang - so kommentieren, dass aus Outrage Porn eine echte Diskussion wird. Und wenn man nur "das glaube ich nicht, weil..." kommentiert. Wenn es dann eine Diskussion wird, dann bekommt man gerne mal seine eigene Blase zerpiekst. Und das ist gut!

Wenn man selber findet, dass ein Meme irgendetwas wunderbar ausdrückt:
Ist es beleidigend/stellt es jemanden als Deppen dar? Ja?
Wenn man das unkommentiert will: Bitteschön. Da ist man selber als Teilender ein überheblicher Arsch und sollte sich ganz sicher sein, dass man da keinen Pfeffer teilt.

Will man aber eher Meinungen ändern, dann sollte man das nicht mir Überheblichkeit angehen! Da reicht dann schon ein kurzer einladender Kommentar zu dem Beitrag. Oder die Frage: Ist das so? Liege ich richtig damit, das gut zu finden?